Unter der Leitung der estnischen Dirigentin Anu Tali kommen die Bochumer Symphoniker in diesem Jahr mit der selten zu hörenden Musik des britischen Komponisten und Kontrabassisten Gavin Bryars in die Gebläsehalle des Landschaftsparks Duisburg.
Im Jahr 1969 skizzierte Gavin Bryars The Sinking of the Titanic als musikalische Entsprechung zur zeitgenössischen Konzeptkunst. Musikalische Basis ist die Hymne Autumn, die von der Bordkapelle beim Untergang gespielt wurde, überlagert mit Interviewfragmenten, Morsezeichen und der klanglichen Beschreibung der Kollision mit dem Eisberg. Bryars realisiert die poetische Vorstellung einer Musik, die weiterklingt während sie in den Wassern des Ozeans versinkt. Der Zuhörer wird in den Sog einer sich zunehmend ausdehnenden, quasi stillstehenden Zeit hineingezogen.
Luciano Berios Requies, 1984 komponiert, arbeitet auf andere Weise mit dem Zeitempfinden des Zuhörers. Das Kammerorchester beschreibt eine unaufhörliche Melodie, die wie ein Echo auf einen verborgenen Klang wirkt.
Auch Bryars größter Erfolg Jesus' Blood Never Failed Me Yet ist ein gleichsam hypnotisches Meisterwerk und setzt ganz auf die Kraft der Wiederholung. Aus der Stille taucht der zerbrechliche Gesang eines Londoner Stadtstreichers auf, dessen kurze, ständig wiederholte Melodie Grundlage einer endlosen Reihe sich steigernder Variationen wird. Die Stimme des unbekannten Mannes bildet sowohl Hintergrund als auch Zentrum für Bryars berührende Komposition.
Gavin Bryars The Sinking of the Titanic (1969/1996)
Luciano Berio Requies (1983/84)
Gavin Bryars Jesus' Blood Never Failed Me Yet (1972)
