Spielzeit 26.08. - 09.10.

Die Kunst des letzten Augenblicks

Von den Todesgedichten japanischer Zen-Meister bis zur Lyrik der ­europäischen Gegenwart

Lesung

Für mich, der fort geht,
Und für dich, der zurückbleibt,
Sind es zwei Herbste. / Yosa Buson

Was ist der Tod? Ein Ende, danach das Nichts? Ein Übergang? Der Anfang des wahren Lebens? Auch wenn Gott tot ist, der Tod bleibt. Doch wie kann man von ihm sprechen, ihn fassen? In den säkularen, postindustriellen Gesellschaften des Westens hat die Frage nach den letzten Dingen den gemeinsamen öffentlichen Raum verlassen. Sie hat sich in die Nischen zurückgezogen, in denen heute religiöse und spirituelle Themen ihren Ort haben. Der Tod scheint zu einer privaten Sache geworden zu sein. Ein Fall für praktische Lebensratgeber und individuelle Lebensberichte.

Vielleicht treffen allein in der Kunst noch ungleich Gesinnte aufeinander, um letzte Fragen in ihrer philosophischen Dimension zu verhandeln. Das Gedicht, die Kunst der Lyrik, ist eigentümlicherweise im Wandel der Zeiten, über die Grenzen verschiedener Kulturen hinweg, ein Refugium geblieben, um Erfahrungen, Ansichten und Einsichten in Sprache und Worte zu fassen und auszutauschen, die den Tod und seine Bedeutung für das Leben einem universellen Nachdenken öffnen.


HERBST / Paul Celan

Der Abend (auch Irrtum der Wimpern ...)
bekümmert dein Aug, ich löse euch beiden das Haar ...
An den Schwellen des Herzens
ist mir überlassen das einzige Licht.
Verteilt ist der sündige Efeu. Die Fahnen niedergeholt.
Erklungen sind Sense und Speer:
die Leier
vielleicht.


Die Turbinenhalle ist nicht beheizt. Wir empfehlen industriekulturtaugliche Kleidung.