Spielzeit 26.08. - 09.10.

Der Welt abhanden gekommen

Eine literarisch-musikalische Matinée Texte aus dem Tibetischen Totenbuch, der deutschen Romantik, von Samuel Beckett und Musik von Gustav Mahler

»... spracht ihr jemals ›du gefällst mir, Glück! Husch! Augenblick!‹ so wolltet ihr alles zurück!« / Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra

Kann sich in einem Moment reiner, erlebter Gegenwart das Sein von allen Zwängen der Welt befreien? Können wir in einem Zustand höchsten Glücks oder auch tiefsten Schmerzes aus der Welt und ihren alltäglichen Verwirrungen heraustreten? – Sind in einem solchen Moment die Welt und das Leben erfüllt. Der Zen-Buddhist nennt einen solchen erleuchteten Zustand ›Satori‹, verankert im ›Nirwana‹ und ›Shunyata‹, der Erkenntnis der Leerheit, eine plötzliche Freiheit vom Ich, ein Gefühl unbedingten Glücks.

Die Literatur, die diese unaussprechlichen und unbenennbaren Momente zu bannen versucht, ist reich und vielfältig. Von den bunten und lebhaften Bildern des Tibetischen Totenbuchs über die Wort- und Gedankenspiele des großen europäischen Nicht-Sinn-Suchers Samuel Beckett bis hin zum Romantiker Novalis, der statt eines sinnhaften Diesseits in seinen Hymnen an die Nacht die ›unergründliche Welt‹ der Dunkelheit beschwört – wir möchten all dies sammeln, mitteilen und erlebbar machen.

Musikalisch hat kaum einer so weit durch das Tor mystischer Zusammenhänge aus der Welt hinausgeschaut wie Gustav Mahler – besonders in seinen Liedern. Über das Lied Ich bin der Welt abhanden gekommen sagt Gustav Mahler: »Es ist Empfindung bis in die Lippen hinauf, die sie aber nicht übertritt. Und: das bin ich selbst!« Es geht also darum, etwas nur für sich zu schaffen, sein eigenes ›stilles Gebiet‹ zu finden, fern vom Weltgetümmel. In diesem Sinne webt dieser letzte Morgen ein musikalisch-literarisches Programm um den Moment der Leerheit, um das Ich ohne Ich, um das absolute Sein im Jetzt, um das »Ich leb' allein in meinem Himmel, in meinem Lieben, in meinem Lied!« (Friedrich Rückert).

Die Turbinenhalle ist nicht beheizt. Wir empfehlen industriekulturtaugliche Kleidung.