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Campustriennale Masterclass: Der Theaternachwuchs kommt

02. Jun. 2015

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Campustriennale: Drei Städte, drei Projekte, drei Gesichter

Das passiert also, wenn man den Theaternachwuchs ran lässt: Eine 20-Spur-Endlostonbandmaschine wird Informationsnuggets musikalisch zum Klingen bringen. Ein Schauspielerduo wird in Gemeinschaft von Massenmördern und Bohrmännern den Tod weg lachen. Und ein israelisch-deutsches Performancekollektiv wird den interkulturellen Dialog an die Wand fahren. Oder so ähnlich.

Es wird auf jeden Fall eine besondere Premiere, und das im doppelten Sinn. Zum ersten Mal veranstaltet die Ruhrtriennale eine Masterclass. Die Idee dazu entstand, weil wir eine Möglichkeit schaffen wollten, nicht nur Begegnungen zwischen Kunststudierenden zu schaffen, wie es in den vergangenen drei Jahren schon erfolgreich stattgefunden hat, sondern auch aktiv die Arbeit von jungen Künstlerinnen und Künstlern zu fördern – und zu zeigen.

Wir haben dafür die Programmreihe Campustriennale erfunden. In der Campustriennale Masterclass können drei Künstlergruppen ein eigenes Projekt im Zeitraum von drei Wochen während des Festivals weiterentwickeln, ausarbeiten und schließlich öffentlich aufführen: am 12. und 13. September an einem langen Theaterabend, der am Schauspiel Essen beginnt, im Theater Oberhausen fortgesetzt wird und schließlich im Ringlokschuppen Ruhr in Mülheim endet.

Bis Anfang April konnten sich Nachwuchskünstler bewerben. Gefragt war ein szenisches Konzept, das sich am Oberthema „Unter Welten“ orientiert. Dieses Motto umfasst zentrale Themen der Spielzeit 2015 der Ruhrtriennale, die in vielen Produktionen Schöpfungsmythen ergründet, der Kraft der Geschichte und Erinnerung nachspürt und herab steigt zu Ursprüngen und Urängsten.

© Jens Maurtis Orchestra

Am Ende erhielten wir rund 200 Bewerbungen aus aller Welt! Das hat uns überwältigt. So viele Gruppen, die extra Konzepte erdacht hatten und diese bei der Ruhrtriennale realisieren wollten. Für die Mühe und auch das Vertrauen in uns bedanken wir uns sehr. Die meisten Einreichungen kamen natürlich aus Deutschland und den Nachbarländern wie den Niederlanden oder Belgien. Aber auch darüber hinaus: Südeuropa, Osteuropa, Großbritannien und Skandinavien und noch weiter weg, auch aus Indien, Brasilien oder Kanada und den USA kamen Bewerbungen.

Das Niveau war hoch, und deshalb fiel die Auswahl auch nicht leicht und dauerte länger, als gedacht. Denn wir wollten die Konzepte angemessen würdigen, gründlich lesen und Links zu Arbeitsproben oder DVDs anschauen, um am Ende wirklich die Besten auszuwählen.

Nun, was heißt schon „die Besten“? Wir hätten sicher auch doppelt oder dreimal so viele Projektideen auswählen können, die spannende Themenzugriffe aufwiesen, durch interdisziplinäre Arbeitsansätze überzeugten und verheißungsvolles Talent in Arbeitsproben erkennen ließen. Aber wir mussten uns auf drei Kollektive beschränken.

© Andreas Schlieter

Wir: neben der Dramaturgie der Ruhrtriennale die jeweils betreuenden Dramaturgen der koproduzierenden Theaterhäuser – Jana Zipse vom Schauspiel Essen, Tamina Theiß vom Theater Oberhausen und Matthias Frense, der Leiter des Ringlokschuppen Ruhr. Die Auswahl in der Juryschlusssitzung war heiß umkämpft, so viel kann man sagen. Am Ende konnten wir drei glückliche „Gewinner“ anrufen. „Wow, damit habe ich nicht mehr gerechnet!“, freute sich zum Beispiel Daan Milius vom Jens Maurits Orchestra. Bei Jan Philipp Stange ging zunächst nur die Mobilbox ran, erst ein paar Stunden später konnten wir ihn erreichen, worauf er in Jubel ausbrach.

Das sind also die drei ausgewählten Gruppen und Projekte: „Triggers and Thresholds – THE BLOGPERA“ vom Jens Maurits Orchestra aus Belgien/Niederlande, „The Hilariously, Hysterically, Horribly Funny Demons of Fleet Street“ in der Regie von Johannes Ender aus Deutschland sowie „Combina“ vom israelisch-deutschen Kollektiv Shauloff/Stange.

© Sagie Azoulay

Auch wenn das nicht die Grundvoraussetzung war, so hat es sich doch ergeben, dass die drei Gruppen für sehr unterschiedliche Arbeitsweisen und Arten von Theaterästhetik stehen. Dadurch bildet die Campustriennale Masterclass auch ein breites Spektrum ab. Und dass Nir Shauloff und Jan Philipp Stange tatsächlich am früheren Internationalen Festivalcampus der Ruhrtriennale teilgenommen haben, zeigt nicht zuletzt, dass diese Talentförderung Früchte trägt.

Ab 24. August werden die drei Teams im Ruhrgebiet sein. Die Dramaturgen von Ruhrtriennale und den kooperierenden Theatern werden die Gruppen betreuen, und auch externe renommierte Theatermacherinnen und -macher werden die Proben der jungen Künstler begleiten und Rat geben. – Ein Trip „Unter Welten“ mit der Theatergeneration von morgen, das haben wir versprochen. Jetzt wollen wir es einlösen.

 

Vasco Boenisch