De Keersmaeker/Schmelzer: Cesena

Tänzer singen, Sänger tanzen. Anne Teresa De Keersmaeker gelingt mit Cesena eine Zusammenarbeit der besonderen Art, indem sie Björn Schmelzers einzigartiges Vokal-Ensemble graindelavoix mit ihrer Tanzkompanie ROSAS zu einem großen Bewegungsund Klangkörper verschmelzen lässt.

Im Papstpalast in Avignon uraufgeführt, bezieht sich auch dieses Stück auf die Geschichte des Ortes. Clemens VII., der Gegenpapst,ließ 1377 im italienischen Cesena ein Massaker anrichten. Bewegungen und Musik der Tanzperformance verweisen auf den blutigen Sündenfall, transponieren ihn ins Allgemeine und überziehen Schauplatz und Geschehen mit einer berückenden, tröstlichen Traurigkeit.

Die französische Le Monde sprach von der Schönheit eines Asteroiden. Ein treffendes Bild für das anziehend Fremde, das seltsam Außerirdische und Entrückte einer Performance, die im Dunkeln beginnt und mit Anbruch des Tages ausklingt. Neunzehn Tänzer und Sänger erforschen die Grenzen ihrer Fähigkeiten im Dialog mit der Musik der Ars Subtilior. Das belgische Künstlerkollektiv graindelavoix gehört zu den innovativsten Vokalensembles im Bereich der frühen Musik. 1999 von Björn Schmelzer gegründet, bezieht sich der Name graindelavoix auf einen Essay von Roland Barthes: »Die Rauheit ist der Körper in der singenden Stimme, in der schreibenden Hand, im ausführenden Körperteil.« Schmelzer konterkariert bestehende Hörgewohnheiten, indem er die Spielräume zwischen Notation und Kreation neu auslotet.

Anne Teresa De Keersmaeker gehört zu den stilbildenden Choreografinnen des zeitgenössischen Tanzes. Mit dem Gründungsstück ihrer Kompanie ROSAS, Rosas danst Rosas gelang ihr 1983 der internationale Durchbruch. Sie ist Mitbegründerin und Leiterin von P.A.R.T.S., den Performing Arts Research and Training Studios in Brüssel, einem der wichtigsten europäischen Ausbildungszentren im Bereich Tanz und Performance. Eine enge künstlerische Zusammenarbeit verbindet sie mit den Choreografen Jérôme Bel und Boris Charmatz. 2008 war die Kompanie mit der Deutschlandpremiere Zeitung im Rahmen der Ruhrtriennale zu sehen.