12 Rooms

Ein schmales Mädchen in T-Shirt und Sneakers spricht mit leiser Stimme. Sie stellt sich als Manga-Comicfigur vor, die in ein menschliches Wesen verwandelt wurde. Ein Mann in Camouflagehosen wendet uns seinen Rücken zu. Eine junge Frau verliert den Boden unter den Füßen, ihr Blick ist leer, der rechte Arm gestreckt, wie um nach Halt zu suchen.

Das Manga-Mädchen, der Veteran und die Frau im freien Fall, sie alle sind Darsteller in einem Ausstellungsprojekt, zu dem die Kuratoren Klaus Biesenbach und Hans Ulrich Obrist zwölf internationale Künstlerinnen und Künstler eingeladen haben, den Museumsraum zur Bühne zu machen. Entstanden sind Körperskulpturen und Formationen, die nicht auf einer endgültigen, festen Form beruhen, sondern vor den Augen und in der Vorstellung der Zuschauer Gestalt annehmen. Künstlerinnen und Künstler wie Marina Abramovic´, Roman Ondák, Santiago Sierra oder Tino Sehgal sind dabei Modellierungen von Scham, Demut, Entfremdung und Schönheit gelungen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können.

Der Parcours der Ausstellung ermöglicht sehr direkte, intensive Begegnungen, die das Theater durch die Distanz der Bühne üblicherweise nicht kennt. Ein flüchtiger Blick, ein kurzes Gespräch, eine überraschende Geste, eine befremdliche Beobachtung - jeder der 12 Räume berührt den Zuschauer auf eine andere Weise. Dabei steht es ihm offen, zu bleiben, zu gehen oder zurückzukommen, um zu sehen, was sich verändert hat.

Live Art ist eine immaterielle Kunst, die sich auf einige wenige Mittel besinnt: Raum, Stimme, Bewegung. In einer Zeit, in der der Werkbegriff an Aura verloren hat, ist das Interesse an historischen und zeitgenössischen Performances stark gewachsen. Viele Künstler experimentieren an neuen Formen von Live Art als Spiegel gesellschaftlicher Phänomene. Auf raffinierte Art und Weise bringen sie so die Verhältnisse in Bewegung: Von Kunst und Markt, Raum und Zeit, Mann und Frau, Geist und Materie. Ihre minimalistischen Arbeiten sind universell verständlich und stellen sich in ihrer Unmittelbarkeit quer zur digitalen Gesellschaft. Gleichzeitig finden sie damit für unsere permanent temporären, fluiden Existenzformen im 21. Jahrhunderts kongeniale Ausdrucksformen.

Das Museum Folkwang ist zum ersten Mal Partner und Spielort der Ruhrtriennale. Die Fortführung der Kooperation ist für 2013 und 2014 geplant.

Hans Ulrich Obrist gehört zu den produktivsten Ausstellungsmachern für zeitgenössische Kunst. Seit 2006 ist er Ko-Direktor der Londoner Serpentine Gallery.

Klaus Biesenbach gründet mit 24 Jahren 1991 das Kunst-Werke (KW) Institute for Contemporary Art in Berlin. Seit Januar 2010 ist Klaus Biesenbach Direktor des P.S.1., die Dependance des MoMA für Gegenwartskunst.

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