RuhrTriennale
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Claus Peymann im Gespräch mit Elmar Goerden / Ausstellung

 
Mit:
CLAUS PEYMANN, Elmar Goerden
Vorstellung:
3. Oktober
Beginn:
11:00
Preise:
einheitlich
5 €

Wir schreiben das Jahr 1966, 1 . Juni: Ein fünf Meter langer, weißer Belugawal verirrt sich in den Niederrhein. 2. Juni: Die US-amerikanische Raumsonde Surveyor I landet auf der Mondoberfläche. 6. Juni: Im Auftrag von Mao Tse-tung werden an der Universität in Peking schauprozessartige Verhöre abgehalten. Angeklagt waren Spielverderber der Revolution. 8. Juni: Niederländische Studenten werfen Flugblätter gegen den Vietnamkrieg ins Parkett ihres Parlaments. Am selben Abend verbeugen sich im Frankfurter Theater am Turm vier verschwitzte Schauspieler, ein schmaler, scheuer Autor und ein angriffslustiger Regisseur.
Im Publikum kommt es zu tumultartigen Reaktionen nach einem kurzen Theaterabend, der unter dem Titel Publikumsbeschimpfung den Nerv der Zeit trifft und der auf lange Sicht hin die Barriere zwischen Theater und Publikum infrage stellen wird. »Die Rampe«, heißt es in Peter Handkes Theaterstück, »ist keine Grenze. Wir spielen nicht! Wir sind keine Darsteller! Wir tragen keine Decknamen. Wir haben keine Rollen. Wir sind wir!« Die Fernsehaufzeichnung mit ihren Zwischenschnitten in die Zuschauerreihen gibt präzise Auskunft über das, was an diesem Abend aufeinanderprallte: im Parkett Anzüge, Krawatten, Hornbrillen, Föhnfrisuren, weiße Bubikrägen, auf der Bühne wilde Anmache und wütende Anarchopraxis.
Für Peter Handke und Claus Peymann war diese theatralische Stunde so etwas wie der ästhetische Urknall für zwei Karrieren, die in ihren Betriebstemperaturen kaum unterschiedlicher sein könnten, die sich aber in ihrer unablässigen Produktivität immer wieder kreuzen, nahekommen und auseinanderstreben. Seit der Uraufführung der Publikumsbeschimpfung, dem ersten Theaterstück von Handke, inszenierte Claus Peymann noch zehn Uraufführungen von Stücken Handkes, zuletzt im Februar dieses Jahres Spuren der Verirrten.
Claus Peymann hat es nie jemandem leicht gemacht: weder seinen Intendanten noch den Kulturpolitikern. Weder den Schauspielern, Zuschauern und Kritikern noch sich selbst. Als einer der Akteure der 68er-Generation hat er das Theater stets zum Veröffentlichungsforum für politische Debatten erklärt. Er ist künstlerischer Entdecker, Weggefährte und Freund zahlreicher Autoren, darunter, neben Peter Handke und Thomas Bernhard, von Botho Strauß, Gerlind Reinshagen, Heiner Müller, Elfriede Jelinek, Peter Turrini und Christoph Ransmayr. Seine Inszenierungen wurden 1 9 Mal für das Berliner Theatertreffen nominiert. Insgesamt neunmal wurden Theater seiner Direktion zum »Theater des Jahres« gewählt (viermal Stuttgart, zweimal Bochum, dreimal Wien).

Nach Andrea Breth und Peter Zadek widmet die RuhrTriennale Claus Peymann ihren diesjährigen Programmschwerpunkt Werk. Als Regisseur und Intendant hat er das deutschsprachige Theater der letzten vierzig Jahre maßgeblich geprägt: politisch, poetisch und programmatisch als Oppositionsplatz zu allem, was sich als Zeitgeist diffamieren ließ.

Peymanns Inszenierungen in Bochum
Ausstellung mit Fotografien von 1979-1986
Jahrhunderthalle Bochum, Oberes Foyer
ab 1 . September
Eintritt frei, zu Vorstellungszeiten geöffnet

Die Reihe Werk:  Claus Peymann wird gefördert von der Stiftung Pro Bochum.