RuhrTriennale
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Pressestimmen

Kleine Auswahl von Pressestimmen zur Spielzeit 2006

WAZ
Die Ruhr Triennale glänzt und blickt in ihrem fünften Jahr auf eine grandiose Erfolgsgeschichte. Die Kraft, mit der sie sich durchgesetzt hat, kann als Vorlauf für die Kulturhauptstadt gelten.

Deutschlandfunk
Die erst fünf Jahre alte RuhrTriennale hat den Riesensprung geschafft in die erste Reihe europäischer Sommerfestivals. Vor allem in der künstlerischen Substanz überflügelte die RuhrTriennale Avignon und Salzburg. Respekt!

Financial Times über Die Soldaten:
It is one vast sensual excess. This is modernity as mass entertainment, atonality for all. And it is part of what the Ruhr Triennale should be all about, a site-specific performance experience that no conventional house could emulate.

Süddeutsche Zeitung über Das Leben ein Traum:
Das Ganze: eine Gespenstersonate. Die Maschinenhalle der Zeche Zweckel in Gladbeck ist von kühler, kathedraler Eleganz. Jeder Fußtritt, jedes Schnaufen hallt wider. Durch die hohen Fenster scheint diffuses Licht. Am linken Ende stehen noch die großen, rostigen Getriebe, in der Mitte ein Einbau mit Kurbeln und Anzeigen – an diesem Abend: Schaltwerk der Welt … So begegnen sich: Philosophie und Religion. Theater und Musik. Urkomisches und Tieftrauriges. Was dabei am stärksten beeindruckt: Wie Johan Simons aus dem Geist von einst die Fragen von heute stellt. Spielerisch, sinnlich, sondergleichen.

FAZ über Rubens:
Wie Physis und Philosophie, Anschauung und Abstraktion ineinandergreifen und sich wechselseitig reflektieren, macht Esterházys Szenenfolge zu einem buntscheckigen Traktat über das Verstehen der Welt: Voller Ironien und Kapriolen, Witzeleien und Selbstverliebtheiten … Das Malergenie Rubens, dem Hans Michael Rehberg die angenagte Eitelkeit eines Don Quijote und in seinem Schmerzensmonolog über die Gicht auch tragische Größe verleiht, und der Mathematiker Gödel, den Christoph Bantzer nicht als schrulligen Gelehrten, sondern als alerten, zwanghaften Wissenschaftsmanager vorstellt, liefern sich ein spielerisch-intellektuelles Gefecht über die Darstellbarkeit der Welt, die Schönheit des Scheins und die Möglichkeiten der Kunst.

The New York Times über vsprs:
Holy fools, detached in spasms of universal ecstasy and despair … in a theater within the gargantuan Bochum Jahrhunderthalle (Centennial Hall), carved out of a former steel mill. Electric-shock spasms are the default mode of movement; sometimes the dancers work themselves into a mass frenzy. Usually they remain detached from one another, alone in their loneliness. Toward the end sexual hysteria pervades the scene, with everyone apart and masturbating. From the depths of this desperate depravity arises Mr. Platel’s most moving image. As Monteverdi, now sounding mostly from behind the set, in the far distance to which the musicians have disappeared, the dancers struggle up an incline, dragging their fellows. They haven’t made it to the top as the light fades, but at last humanity has come together, in its pained aspiration for something higher than itself.

Süddeutsche Zeitung über das Eröffnungskonzert mit David Byrne:
Der Clou an diesem Abend, der ihn tatsächlich zur Weltklasse erhebt, ist das Kammerorchester der Duisburger Philharmoniker. Extra für dieses Konzert wurden Arrangements komponiert, die die klassischen Instrumente nicht etwa zum süffigen Beiwerk, sondern zur mal dramatisch-dynamischen, mal elegisch-schwelgerischen Antriebskraft machen. Es entstehen Klangteppiche von beinah Wagner'schen Dimensionen, die ironisch gebrochen und variiert werden. Der größte Talking-Heads Hit Road to nowhere gerät so zum hämmernden Furioso, während im Hintergrund ein Kronleuchter und darüber die gewaltigen Stahlträger der Jahrhunderthalle leuchten: Disco, Dekadenz und Moderne.

Westfälische Rundschau über Peer Gynt:
Es war sicher der bisher anrührendste Moment der diesjährigen RuhrTriennale. Der 81-jährige Peter Zadek steht auf der Bühne des Bochumer Schauspielhauses inmitten seines vielköpfigen Ensembles und nimmt die stehenden Ovationen des Publikums entgegen.

WAZ über Barbara Sukowa und Robert Longo in Devouring Time:
Es war einer jener magischen Momente, die man sich von Festivals so sehr erhofft und doch allzu selten erlebt. An diesem Abend war man dem Himmel so nahe wie schon lange nicht mehr.

dpa über Einfach, eben: so!:
Diese Kreation von und mit Stefan Kurt, David Moss, Hans Peter Kuhn und Junko Wada geht über die zeitlichen Grenzen des Barock weit hinaus. Sie übertänzelten scheinbar mühelos alle Gattungsgrenzen und brachten die Kaue wie ihre Umgebung zum Sprechen. Einhelliger, begeisterter Beifall für alle Beteiligten.

Die Soldaten

Financial Times, London
This is a knuckle-whitening ride through a thrilling tale, so physically engaging that the two and a half hours pass in an instant. The superbly drilled cast sings, struts, strips and rapes its way up and down a catwalk extending from one end of the hall to the other, and the audience is rolled up and down to stomach-churning effect. A complex tale is so clearly narrated that there is never an instant’s confusion as to what is really happening. Moral and social implications are crystal clear. Such simplicity is more than justified by the excellence of execution and the titanic impact of the music. This is modernity as mass entertainment, atonality for all. And it is part of what the RuhrTriennale should be all about, a site-specific performance experience that no conventional house could emulate.

Die Welt
Die grandiose Aufführung in der Bochumer Jahrhunderthalle lässt nach mehr als 40 Jahren den Soldaten vielleicht erstmals wirklich Gerechtigkeit widerfahren. Sie nämlich führt vor, wie visionär Zimmermann dachte und komponierte und wie befriedigend sich das erstmals außerhalb eines Opernhauses mit den technischen und elektroakustischen Mitteln unserer Zeit verwirklichen lässt. Ein ganz großer Musiktheaterabend.

NRZ
In allen Partien überragend besetzt ist das riesige Ensemble mit Claudia Barainsky als Marie an der Spitze. Stimmlich wie schauspielerisch agierte sie grandios. Auch ihre Kollegen meisterten Zimmermanns weitgespannte, oft bis an die Grenze des Bewältigbaren stoßenden Intervallsprünge und Melismen mit Bravour. Höchstes Lob den Bochumer Symphonikern (samt Jazz-Combo) unter Steven Sloane. Der Klangkosmos der riesigen Partitur, von kammermusikalischer Zartheit bis zur brutalen Wucht reichend, gelangen ihnen mit bewundernswerter Souveränität. Die kompliziert-verhackten Rhythmen kamen ebenso klar heraus wie Zimmermanns Spaltklang, in dem sich Grauen und unendliches Mitleid mischen. Am Ende, nach Sekunden der Betroffenheit, fegten Jubelstürme durch die Halle.

FAZ
Es ist eine der bemerkenswertesten Qualitäten dieser Inszenierung: daß die Turbulenzen wie die intimen Szenen des Bühnengeschehens subtil auf den Orchesterklang abgestimmt wurden, als müsse die überaus komplexe serielle Kompositionsstruktur durch ein ebenso komplex gestaltetes, formalistisches Bühnengeschehen sichtbar gemacht werden… In dieser Hinsicht hat Steven Sloane wahre Wunderdinge am Pult der hochmotivierten Bochumer Symphoniker vollbracht. Selbst in der durch die Ausmaße und die Mobilität akustisch vor allem für die Streicher nicht gerade idealen Halle blieb der Klang, sofern er sich nicht tumultartig entladen mußte, immer durchhörbar, von fast kammermusikalisch-feiner Präsenz. Das zweite Wunder freilich agierte mit einer Souveränität und einer musikalisch-darstellerischen Beweglichkeit auf der Bühne, daß es fast den Atem verschlug. Claudia Barainsky war offenbar angetreten, ein für allemal zu demonstrieren, daß selbst eine hochdramatische Koloratursopranpartie mit solch’ gefährlich freien Einsätzen und bis an die Schmerzgrenze reichenden Exaltationen wie die der Zimmermannschen Marie nicht zum musikalischen Suizid führen muß, wenn sie durch eine entsprechende Atemtechnik und vokale Kompetenz gestaltet wird.

Westfälische Rundschau
Szenische, musikalische und akustische Einmaligkeiten, die nur in dieser Industrie-Kathedrale entstehen können, stanzen sich in das Gedächtnis ein. Eine Sensation, die Operngeschichte schreiben wird.

Peer Gynt

Westfalenpost
Spielwütig, sprühend und poetisch dreht eine tolle Truppe auf, dreieinhalb Stunden sausen im Nu vorbei, das opulente, maßlose, philosophische Stück ist fast schon unverschämt unterhaltend. Wunderbarer Zadek-Zauber.

WAZ
Frenetischer Applaus dankte einer hinreißenden Peer Gynt-Inszenierung im Rahmen der RuhrTriennale. Der Intendant der frühen 70er Jahre zeigte mit gewohnt leichtem, doch kaum leichtgewichtigem Zugriff die Suche des Lügenerzählers nach dem eigenen Ich. Eine famose Inszenierung.

Westfälische Rundschau
Peter Zadek zaubert Bilder aus dem Nichts heraus. Doch eigentlich ist dies vor allem der Abend des Uwe Bohm. In der Titelrolle von Henrik Ibsens „Dramatischem Gedicht“ reißt dieser Schauspieler die Inszenierung förmlich an sich, macht daraus eine derartige One-Man-Show, dass nur noch Angela Winkler als Peers Mutter Aase diesem Elan Paroli bieten kann.

Century of Song: Laurie Anderson

Süddeutsche Zeitung
Diesmal traf einen der Stromschlag. Laurie Andersons Stimme schwebt nicht mehr. Sie hat neue Resonanzräume erschlossen, die sie wohlig bewohnt und mit sinnlichem Klang erfüllt. Sie schwingt sich dabei von satten Tiefen in die höchsten Register, riskiert hartes Klicken, schroffe Tonsprünge und lässt doch die weiche Fülle dominieren. Hinzu kommt der vorwärts treibende Beat der Band, die an diesem Abend das Wunder einer fließenden Metamorphose vollzieht, indem sie die Blutsverwandtschaft von Neuer Musik und Rock mit Schmackes besiegelt. Sie spielt sich gleichsam von den Konzerthallen uptown Manhattan in die Lofts downtown. Dem Motto verpflichtet ist der Abend ein reiner Liederabend; wenn man so will, ein Kammerkonzert allererster Güte.

FAZ
Schon mit ihrem ersten Gesangston rührte Laurie Anderson die sehnsuchtsmüde Seele. Zwischen digitaler Reinheit und magischem Schmelz oszilliert ihr Sprechgesang. Die sanften Kontrollbewegungen, mit denen sie irrlichternde Klanglandschaften von der Festplatte lockt, finden in anstrengungslosen Stimmbewegungen unmittelbare Entsprechung. Es sind die irritierenden Schwebezustände, die gewaltlosen Paradoxien in ihren Wirklichkeitsbeschreibungen, die den erkenntniskritischen Charme von Laurie Anderson ausmachen.

NRZ
In jeder Tonkehre, die sie auskostet, in jeder Nuance ihrer Breitbandstimme scheint eine Geschichte zu stecken, die von der Zerbrechlichkeit des Lebens erzählt. Wahrscheinlich singt sie deshalb zum Schluss ganz ungebrochen romantisch ihre „Strange Angels“ . Unwahrscheinlich aber, dass sie nur deshalb Jubel und stehende Ovationen bekommt. Spätestens da stand fest, dass die kleine Songfestival-Reihe der großen Ruhrtriennale inzwischen zu deren Original-Marksteinen gehört.

Einfach, eben: So!

WAZ
Der Licht- und Klangkünstler Hans Peter Kuhn, der Schauspieler Stefan Kurt, Martin Klingeberg (Trompete), Michael Rodach (Gitarre) und vor allem David Moss sorgen für eine federleichte, heitere, von gelegentlicher Melancholie gebrochene Gelassenheit. Für ein wunderbares, poetisches Nichts, das „einfach so“ passiert.

dpa
Dem Ensemble aus Solisten gelang es eine heitere und leichte Atmosphäre zu erzeugen. Sie übertänzelten scheinbar mühelos alle Gattungsgrenzen und brachten die Kaue wie ihre Umgebung zum Sprechen: Die Musiker spielten virtuos mit den Echoeffekten der gekachelten Halle … Die Kraft Montaignes, sich über das Alltagsdenken seiner Zeit hinaus zu schwingen, wurde humorvoll und geistreich im Hier und Heute aufgehoben. Am Ende mischte sich in den einhelligen, begeisterten Beifall Jubel für alle Beteiligten, Ton- und Lichtdesigner eingeschlossen.

vsprs

NRZ
Betörend graziös, blitzartig, dann wieder geschmeidig bewegen sich Frauen und Männer. Plötzlich versinken sie in sich selbst, schlackern scheinbar unkontrolliert mit Armen, Beinen, Kopf und Rumpf. Aufgedreht und aufgeheizt tanzen sie sich dann, wie bei einem archaischen Ritual, in Trance – in Soli, Duetten und Gruppen-Szenen. Beklemmung und Begeisterung: Die Mischung dürfte einzigartig sein … Erst Sprachlosigkeit, dann Jubel.

Kölner Stadtanzeiger
Komponist Fabrizio Cassol hat den Monteverdi wie ein HipHop-DJ gemixt und gesampelt, hat ihm Percussion-Beats unterlegt und ihn mit Saxofon-Sounds verjazzt. So rumst und knattert der Monteverdi manchmal wie ein Zirkus-Orchester, fährt wie rhythmischer Pop in die Tänzerglieder oder verwirrt als Weltmusik-Kompilation die Orientierung. Gerade treibt einem eine wunderschöne Sopran-Arie Tränen in die Augen, da rückt das Tanzensemble als Horde stöhnender und schreiender Psychiatrie-Patienten an. Barocke Pracht bekommt die Fratze des Grotesken übergestülpt. Und erst so wird sie human. Denn – und das ist das Großartige an Platels Produktion – im Witz liegt des Menschen wahre Erlösung.

WAZ
Dies ist ein unerhörter, kunstreicher Rausch, ein Zucken und Springen, Tanzen und Singen. Hände zittern, Arme zittern, Bäuche zittern; Einer ruckt, als würde das Band seines Leben zurückgespult, wüstes Zucken findet sich endlich zu einem zarten Pas de Deux und zur Selbstentäußerung jubelt die Klarinette. Sie zeigen unendlich dicht und hemmungslos emotional, wie es sich anfühlt, wenn Raserei wächst. Sie zeigen den Rausch, nicht mehr und nicht weniger. Sie tanzen sich und die Zuschauer in Trance. Unglaublich.

The New York Times
Holy fools, detached in spasms of universal ecstasy and despair … in a theater within the gargantuan BochumJahrhunderthalle (Centennial Hall), carved out of a former steel mill. Electric-shock spasms are the default mode of movement; sometimes the dancers work themselves into a mass frenzy. Usually they remain detached from one another, alone in their loneliness. Toward the end sexual hysteria pervades the scene, with everyone apart and masturbating. From the depths of this desperate depravity arises Mr. Platel’s most moving image. As Monteverdi, now sounding mostly from behind the set, in the far distance to which the musicians have disappeared, the dancers struggle up an incline, dragging their fellows. They haven’t made it to the top as the light fades, but at last humanity has come together, in its pained aspiration for something higher than itself.

Gefährliche Liebschaften

Neue Westfälische
Stephan Kimmig lässt nach zwei gut ineinander gefügten Bühnenbearbeitungen des Romanstoffs spielen … Er interpretiert den Stoff, jeder geschichtlichen Einbettung ledig, als nihilistisches Gleichnis. Auf der Bühne schieben sich alle wie auf einem Spielbrett vorwärts. Auch die Regisseure der Verführung, Merteuil und Valmont, sind hier nur bewegte Figuren, die von Feld zu Feld weiterrücken. Maren Eggert überzeugt mit Zynismus, Bitternis, mit sozusagen metaphysischer Enttäuschung über die blinden Zwänge der Natur, die die Verfleischlichung des Geistes mit sich bringt – was geht mich die Geilheit meines Körpers an?

WZ
Als sich der blasierte Valmont in Madame de Tourvel (wunderbar: Susanne Wolff) verliebt, brechen die Dämme. Zarteste Nähe, verzweifelte Kniefälle, eine Jagd durch die Gebläsehalle im Duisburger Landschaftspark – Liebesraserei, die die Merteuil geifernd als „Banal“! abkanzelt. Regisseur Stephan Kimmig zeigt „Gefährliche Liebschaften“ als letzten Beziehungskick einer Freizeitgesellschaft ohne Werte.

Hamburger Abendblatt
Vor zwei Wänden, die wie aus Eis geschnitten wirken und auf einer leeren Fläche spielt Maren Eggert die entschlossene, willenstarke Meisterin des Verwundens und Erlegens. Ihre Marquise de Merteuil könnte auch eine Börsenmaklerin sein oder die Erforscherin einer eiskalten Versuchsanordnung. Ihr Partner im Spiel, Valmont, ist bei Felix Knopp ein verwundeter, einsamer Wüstling, der offenbar zu viele Sexanzeigen gelesen hat. Immer wieder bewundernswert: das Ensemble des Thalia-Theaters … inmitten der umwerfenden Industriearchitektur. Ein Erfolg für Stephan Kimmig.

Rubens und das nichteuklidische Weib

WAZ
Ein stürmisch gefeiertes Gesamtkunstwerk mit Musik, Malerei, Schauspiel und Mathematik… Die Bilder von Rubens und Musik von Monteverdi, Dowland, Scheidt - da gibt es wechselseitige Beziehungen. Da verliert Malerei das Nur-Repräsentative. Da wird Zeitgeist dokumentiert.

FAZ
Wie Physis und Philosophie, Anschauung und Abstraktion ineinandergreifen und sich wechselseitig reflektieren, macht Esterházys Szenenfolge zu einem buntscheckigen Traktat über das Verstehen der Welt: Voller Ironien und Kapriolen, Witzeleien und Selbstverliebtheiten… Das Malergenie Rubens, dem Hans Michael Rehberg die angenagte Eitelkeit eines Don Quijote und in seinem Schmerzensmonolog über die Gicht auch tragische Größe verleiht, und der Mathematiker Gödel, den Christoph Bantzer nicht als schrulligen Gelehrten, sondern als alerten, zwanghaften Wissenschaftsmanager vorstellt, liefern sich ein spielerisch-intellektuelles Gefecht über die Darstellbarkeit der Welt, die Schönheit des Scheins und die Möglichkeiten der Kunst.

Die Welt
Reinhard Göbel hat für das großartig spielende Ensemble musica antiqua Musik der Rubens-Zeit zusammengestellt. Kurz vor der Premiere hat Goebel die musikalische Leitung abgegeben, Bendix Dethleffsen vertritt ihn souverän. Handlung und Musik verzahnen sich in aufregender Weise. Wenn der sonst so lebensbejahende Rubens plötzlich durch seine Gicht auf die eigene Sterblichkeit gestoßen wird, nähert sich ihm der ausgezeichnete Tenor Philip Langridge mit dem unendlich zarten, traurigen Lied "Flow my tears" von John Dowland.

NRZ
Die Figuren werden lebendig, sie sprechen, singen, einige treten aus dem Rahmen. Bereits diese Galerie perfekt inszenierter lebender Bilder hält die Sinne des Zuschauers über den drei Stunden langen Abend hellwach. Eine vor Witz, Sinnlichkeit und Kreativität geradezu explodierende Produktion.

Wahnfried - Ein deutsches Stammlokal

Frankfurter Rundschau
Cosima als unnahbare Geisha, Friedrich Nietzsche als fabulierende Vogelscheuche, Anton Bruckner als devote Servicekraft und natürlich auch WinifredWagner, diese ergraute, nazistramme Herrin, Eminenz und Herbergsbergsmutter von der Wahnfried-Villa… Das alles besitzt so viel Pfiff, dass Umbach eines mit seinem Bühnendebüt auf jeden Fall bestätigt hat: Zur Suchtgruppe der anonymen Wagnerianer wird er nie gehören.

NRZ
Flimm stellte den Wotan seiner Bayreuther Ring-Inszenierung auf die Bühne, den amerikanischen Bariton Alan Titus. Der sang sich in lockerer Freizeit-Kluft imposant quer durch die Wagner-Brocken. Und zwar nicht nur als Holländer, Wotan oder Hans Sachs, sondern auch noch als Siegmund und Woglinde.

Hannoversche Allgemeine Zeitung
Dass das diesjährige Motto eigentlich »Der Mensch des Barock« heißt, macht nichts. War Wagnerin seinem ausufernden Ego, seiner Genusssucht und seiner Maßlosigkeit nicht ein durch und durch barocker Mensch? Gewiss fehlten ihm Gottesfurcht und Demut, aber der Erlösungsdrang seiner Helden hat etwas Barockes… Und wenn in Wahnfried neue Zusammenhänge hergestellt werden, ist Wagners Musik tatsächlich komisch, wie die Kürzestfassung von Rheingold und Walküre beweist, die Alan Titus spielfreudig intoniert.

Das Leben ein Traum

Süddeutsche Zeitung
Das Ganze: eine Gespenstersonate. Die Maschinenhalle der Zeche Zweckel in Gladbeck ist von kühler, kathedraler Eleganz. Jeder Fußtritt, jedes Schnaufen hallt wider. Durch die hohen Fenster scheint diffuses Licht. Am linken Ende stehen noch die großen, rostigen Getriebe, in der Mitte ein Einbau mit Kurbeln und Anzeigen - an diesem Abend: Schaltwerk der Welt… So begegnen sich: Philosophie und Religion. Theater und Musik. Urkomisches und Tieftrauriges. Was dabei am stärksten beeindruckt: Wie Johan Simons aus dem Geist von einst die Fragen von heute stellt. Spielerisch, sinnlich, sondergleichen.

Neue Ruhr Zeitung
In der anmutigen Einfachheit von abgeschrappten Kachelböden und rostbraunen Maschinenrädern entwickelt Simons sein bewegliches Spiel aus Sprache, Musik und Bildern. Welttheater, sparsam arrangiert, sinnlich und suggestiv, klug und manchmal klamottig. Mit Gambe und Laute, Tenor (riesig in Rosa: Christoph Homberger) und Tröte, für die Peter Vermeerscheine vibrierende Mixtur aus Alter Musik, Jazz, Jux und blitzsauberen Chorälen geschrieben hat. Der von Koen Tachelet bearbeitete, kräftig gekürzte Text gibt seinen eigenen, fragmentarischen Takt vor, mit wiederkehrenden Satz-Motiven, blendend gesprochen.

Frankfurter Rundschau
Rumhängen gehörte zum guten Ton im spanischen Barock. Wer auf sich hielt, arbeitete nicht. Johan Simons zeigt in der Gladbecker Maschinenhalle Zweckel eine Gesellschaft im Müßiggang. Neben den Schauspielern zwischen alten, rostigen Maschinen liegen einige Puppen in der riesigen Jugendstilhalle, die - auf königlich-preußischen Befehl vor fast hundert Jahren erbaut - immer noch eine Atmosphäre harter körperlicher Arbeit verströmt. Aus dieser Reibung gewinnt Johan Simons faszinierende Bilder. Auch wenn die Industrieruinen des Ruhrgebietes überhaupt nichts mit Barock zu tun haben, gelang es bisher nur wenigen Produktionen der Ruhrtriennale so überzeugend, Aufführungsort und Stück miteinander ins Spiel zu bringen.

Rheinische Post
Diese Lebenstraumdeutung ist ein starkes Stück Theater, das mächtige Bilder versendet, die man lange nicht vergessen wird. Die ausrangierte Maschinenhalle wird so zu einem barocken Welttheater, in dem von unserer Zeit die Rede ist – und die RuhrTriennale liefert einen ersten Beweis dafür, dass sie sich einem lohnenden Thema gestellt hat.

Century of Song: David Byrne und Joe Henry

Süddeutsche Zeitung
Der Clou an diesem Abend, der ihn tatsächlich zur Weltklasse erhebt, ist das Kammerorchester der Duisburger Philharmoniker. Extra für dieses Konzert wurden Arrangements komponiert, die die klassischen Instrumente nicht etwa zum süffigen Beiwerk, sondern zur mal dramatisch-dynamischen, mal elegisch-schwelgerischen Antriebskraft machen. Es entstehen Klangteppiche von beinah Wagner'schen Dimensionen, die ironisch gebrochen und variiert werden. Der größte "Talking-Heads“-Hit „Road to nowhere“ gerät so zum hämmernden Furioso, während im Hintergrund ein Kronleuchter und darüber die gewaltigen Stahlträger der Jahrhunderthalle leuchten: Disco, Dekadenz und Moderne.

Frankfurter Rundschau
Ein Meilenstein dieser denkwürdigen Konzertreihe „Century of Song". In Bochum, wo er mit Bassist Greg Cohen, dem neuen RuhrTriennale-Kurator, samt herausragender Band spielte, passte alles. Joe Henry brachte elf Songs. Konzentrierte Miniaturen von Verlust und Gelassenheit in der grandiosen Schwerkraft des Augenblicks.

WAZ
Rhythmische, dynamische, stilistische Wechsel, komplizierte wie raffinierte Arrangements im Überfluss. Wie Byrne und das Orchester Hits „Psycho Killer“, „Road to Nowhere“ oder „America is Waiting“ präsentiert, das ist ein überwältigendes musikalisches Feuerwerk, lange, bevor draußen das richtige Feuerwerk gezündet wird.