RuhrTriennale
DeutschEnglish

Alfred-Fischer-Halle Hamm

Produktionen

DAS TROJANISCHE BOOT/TRIENNALE UNTERWEGS

Regie: Bernd Jeschek
Musiker und Darsteller: Mnozil Brass

Die Maschinenhalle des Bergwerks Sachsen in Hamm-Heessen hat 1912 der Essener Architekt Alfred Fischer gestaltet. Der Bau gilt als einer der wichtigsten Beiträge nicht nur zur Zechen- sondern zur Industriearchitektur vor 1914 in Deutschland überhaupt. Fischers Bau zeigt eine deutliche Abkehr vom Historismus und kündet den Beginn einer an Funktionalität orientierten Industriearchitektur an. Für den Bau der 110 m langen und 27 m breiten, lichten und klaren Pfeiler-Halle wurden Mauerziegel der zecheneigenen Ziegelei benutzt. Entstanden ist ein schlichter fast kubischer Baukörper mit schlanken, hohen Rechteckfenstern. Gewaltige Kraftwerksturbinen erzeugten hier mit einer Leistung von 60 Megawatt Energie. Die oberhalb der Fenster anhebende Stahlkonstruktion des Daches scheint über dem 17 m hohen Raum zu schweben. Der Halle vorgelagert ist ein Portal mit einer repräsentativen Treppenanlage. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Maschinenhalle durch Luftangriffe – auf die Zeche fielen rund 130 Bomben – stark in Mitleidenschaft gezogen. Beim Wiederaufbau des zu 60 Prozent zerstörten Gebäudes ab Mai 1945 änderte man die ursprüngliche Architektur nur geringfügig. Das Dach mit den drei einzelnen großen Reitern wurde durch eine flachereKonstruktion mit einem durchgezogenen Reiter zur Belichtung und Abführung der Abwärme ersetzt. Auf der Nord-Ost-Seite der Halle entstand in Anlehnung an die bestehende Architektur ein weiterer zur Aufnahme elektrotechnischer Schaltgeräte benötigter Anbau.

Bis auf die heute denkmalgeschützte Maschinenhalle und die Elektrozentrale wurden 1976 nach der Stilllegung der Zeche alle weiteren Übertageanlagen abgerissen,darunter auch die 1925 in beispielgebender expressionis­tischer Bauweise gestaltete Kokerei.
In direkter Nachbarschaft liegt noch heute die 1913 als Gartenstadtangelegte Bergarbeitersiedlung der Zeche. Gebaut hat auch hier Alfred Fischer (1851-1950), der zu den bedeutendsten Architekten der Region und damals zum engen Kreis der baukünstlerischen Avantgarde zählte. Er gilt heute als Wegbereiter einer neuen, modernen Architektur ab 1910. Weitere Projekte des Regierungsbaumeisters und Direktors der Essener Handwerker- und Kunstgewerbeschule (die später in der Folkwangschule aufging) waren u.a.: Zeche Königsborn in Gelsenkirchen (1926), Zeche Königin Elisabeth in Essen (1916/1938), das Hans-Sachs-Haus in Gelsenkirchen (1922-27) oder die Kirche St. Antonius in Castrop-Rauxel (1922-27). Im April 1930 würdigte das Monatsheft für Architektur und Raumkunst Moderne Bauformen die Arbeit Alfred Fischers: „Die formgestaltende Kraft der Architektur kommt heute wohl nirgends stärker zur Geltung als im Industriegebiet. Markante moderne Bauten bilden die Marksteine einer neuen städtebaulichen Entwicklung. Der Baukünstler prägt das neue Gesicht dieser Industriestädte."

Die Zeche Sachsen - benannt nach dem Stammsitz der ersten Betreibergesellschaft - war eines der östlichsten Bergwerke des Reviers und eine von vier Zechen in Hamm. Gegründet wurde sie als Doppelschachtanlage, die 1914 die Förderung aufnahm. Sie arbeitete sehr erfolgreich, da sie die begehrte Fettkohle lieferte. Im Laufe ihrer wechselvollen Geschichte wurde die Zeche weiter ausgebaut; es kam zu mehreren Übernahmen, der Eingliederung in die NS-Zwangswirtschaft, zu großen Grubenunglücken (allein 1944 169 Tote, davon 113 russische Gefangene) und verheerenden Kriegszerstörungen. Ein letztes Unglück ereignete sich 1964, als ein Seil bei der Seilfahrt riss und zehn Bergleute starben. Die Zeche Sachsen erreichte ihre Höchstleistung 1963, als 1,22 Mio. Tonnen schwarzes Gold gefördert wurden. Ab 1970 gehörte Sachsen zur Ruhrkohle AG. Mit der Stilllegung 1976 verloren 2.100 Bergleute (Höchstzahl: 1957 mit 4.223) ihre Arbeit.

1991 bis 1993 wurde die Maschinenhalle im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Emscher-Park restauriert und umgebaut. Neben einer möglichst weitgehenden Erhaltung der Architektur spielten dabei insbesondere bauökologische Überlegungen eine Rolle. Auf den Einsatz von ökologisch bedenklichen Baustoffen wurde verzichtet, die Wärme liefert das benachbarte ressourcensparende Blockheizkraftwerk und das Regenwasser der Dachfläche wird gesammelt und wieder verwendet bzw. versickert. Die Halle ist seitdem Herzstück des Öko-Zentrums NRW, mit dem Fachleuten und Bauwilligen die Möglichkeiten ökologischen Bauens nahe gebracht werden soll. Direkt an der Einfahrt des Zechengeländes hat die Verwaltung ihren Sitz im Crüsemannschen Hof, einem Bauernhaus von 1852. Es wurde 1988 an seinem alten Standort in Hamm-Uentrop abgebaut und fand hier einen neuen Platz.

 

Adresse:
Öko-Zentrum NRW
Sachsenweg 8
59073 Hamm