1. Vorbereitung
(noch in Bearbeitung)
2. Vor den Wasserwelten
Es war dann alles anders. Zuvor in den drei Wochen wuchs ein Autobahndreieck heran, gebaut aus Gerüstbauteilen, Europaletten und Intarsien, es wuchs die Anzahl der mitbauenden Freiwilligen, der eingesetzten Akkuschrauber, der verbrauchten Schrauben, die Größe des Bauplatzes und ganz allmählich die Bauerfahrung aller Bauleute. Es wuchs der Enthusiasmus, es wuchsen die netten Gespräche, die zwischenmenschlichen Kontakte, die ruhigen Momente, die von Sonne gebräunte Haut. Unsere Baustelle ist vielleicht die leichteste, freundlichste und offenste Baustelle des Ruhrgebiets. Erst kamen die Eltern mit ihren Kindern um mitzubauen, es kamen Rentner und es kamen die Menschen, die blieben. Und die Baustelle unendlich beseelten: Gesa, Verena, Kaan, Christian und Gunda, Monika, Ulf, Vera, Cathrin, Judith, Meike, Jan, Clara, Leah, Jonathan, Berit, Desmond, die Jugendlichen von Unart e.V. ... und Tanja Alstede, Aylin Aksut, Leon Aksut, Menekse Aksüt, Chantal Ascone, Kaan Aylin, GesaLi Barthold, Kirsten Bender, Bodo Bender, Susanne Blank, Hendrik von Boxberg, Carsten Brämer, Luisa Brämer, Lucas Brämer, Monika Brendgen, Nora Breuker, Iris Brockmann, Billy Brockmann, David Busley, Gunda Busley, Bastian Cherlet, Benjamin Chitralla, Carmelo DeFeo, Elke Dietinger, Hüsamettin Dizdar, Huramettin Dizdar, Rolf Donner, Lasse Düsterhaus, Dagmar Engels, Jan-Luis Engels, Beatrix Evers-Glewe, Nicole Fehrenbacher, Heinz Fidorra, Ina Fiege, Jürgen Frölich, Mechthild Frölich, Steffi Funk, Tobias Geise, Ingelore Geller, Matthias Gerden, Miriam Goerdt, C. Goerdt, Dominik Goldmann, Piria Grampiero, Christine Gran, Greta Granderath, Ilja Gronowski, Doris Halfmann, Barbara Hecker, Manfred Hecker, Martina Hielscher, Caroline Hielscher, Fabian Hielscher, Ronny Höltermann, Hubert Holthoff, Laurenz Holthoff, Sarah Jahnke, Claudia Jankowski, Carina Jankowski, Lennart Jankowski, Sarah Kaes, David Kempf, Gerson Kerner, Berit Kerner, Jonathan Kerner, Janika Kerner, Leah Kerner, Gudrun Keßler-Wiedeck, A. Klein-Gunnewyk, J. Klimc, Lucas Körschgen, Elisabeth Krohn, Leven Kruber, Joel Kruber, Nicolai Kühling, Joshi Kuklinski, Julia Küpper, Nadine Langer, Vanessa Lees, Julia Lerenzu, Dr. Verena Liebers, Dorothea Liebscher, Stephanie von Lieres, Sabrina Littawe, Franca Lohmann, Moritz Löwe, Nico Mannhaupt, Regina Marn-Kampmann, Dennis Matz, Anton Meier, Ulrike Meier, Malwina Mikolajczyk, Alan Miles, Matthias Mohr, Theresa Mommsen, Finn Mommsen, Ute Nielhaker-Jesse, Carolin Nüser, Martin Obermayr, Brigitte Olbrisch, S. Osthaus, Stefan Parusel, Marietta Piekenbrock, Kim Pöckler, Katrin Preuß, Sabrina Prinsloo, Katja Pruß, Samina Pruß, Ambra Pühlen, Dr. Anne Rauhut, Martin Reulecke, Rebecca Rinke, Bärbel Roberz, Wolfgang Roberz, Antonia Rohwetter, Friederike Ronnefeldt, Julian Ronnefeldt, Emma Rose, Annika Rötzel, Patrick Nicolas Ruiz, Michaela Ruthotto, Beate Scherzer, Sebastian Schlecht, Anna Lena Schmidt, Marc Schmidt, Friedrich Schmidt, Christiane Schmitz, Matthias Schnier, Scholtz, Phillip Schulte, Susanne Schuran, Saskia Schuster, Camelita Sener, Dustin Sippel, Rany Stauch, Christian Steffens, Lukas Stolz, Manfred Strecker, Hermann Teigelkamp, Wolfgang Thomas, Lena Tischoff, Hendrick Tobes, Eileen Trache, Melanie Voelkel, Petra Waldraff, Ulrique Weber, Julia Weinstock, Wieczorek, Tillmann Wiegand, Meike Wieland, Thomas Wieland, Max Wullenhorst, Sebastian Zimmermann, Jaourad Zoalouki, und gestandene Handwerker wie Hjalmar, Frank und Deba, aber da war es schon fast zu spät denn es wuchs stetig auch die Zeitkeule, es folgte zuckersüße Deadline auf Deadline, denen wir entgegenarbeiteten, mit kilometerlangen Intarsienadern annäherten im Europalettenfluss. Die Zeitkeule wuchs langsam zur Monstrosität heran, ich konterte mit der Steigerung meines persönlichen Arbeitspensums, 14h - 16h - 18h zuletzt. Die schönste Baustelle Bochums musste fertig werden, Brücken, Wege, Plattformen, Stege, Gangways hatten trittsicher, stolpersicher, rutschfest, stabil und brandresistent zu sein auf einer Weglänge von 1000 Metern, einer Fläche von 3000 qm. Diese 3000 qm wollten wohlgestaltet sein: sorgfältig, liebevoll, kenntnisreich, überraschend, sensibel, wohl komponiert, eruptiv und ausgewogen beplankt, adaptiert, verschraubt und skulpturiert werden. Und dies taten wir, klar, doch setzten dem beschwingten Baufluss die nahenden Deadlines immer mehr stop-and-go entgegen. Wir mussten uns arrangieren. Flexibilität war gefragt und Material musste permanent bewegt werden, unsichtbar und doch weiterverarbeitet werden. Wir mussten nicht mehr brauchbares von noch verwendungswürdigem Material trennen - dies konkurrierte mit unserer gestalterischen Praxis. Einerseits, um die Skulptur zügig fertig zu bauen benötigten wir die Materialauswahl, andererseits musste der Platz stubenrein werden. Schnellstens. Wir schafften das. Indem wir die Deadlines überall kürzten, die Herstellung von Palettenwegen und Intarsienfüllungen drastisch rationalisierten und noch Raum ließen für Schönheiten, Details. Die besten Freiwilligen entwarfen und bauten die aus der Plattform herauswachsenden Sitzskulpturen: Monika, Gesa, Ulf, Christian, Gunda, Very, Helmut... Das geschah wie von selbst. Alle die hier schon länger und entscheidend an der Skulptur mitgebaut hatten, durften sich nun austoben. Es setzte inmitten der großen Plattform eine ruhige, kontemplative, akribische Baustimmung ein. Es entstand Sitz für Sitz, Kunstwerk für Kunstwerk. Derweil schafften wir auch, die großen vertikalen Flächen an Rampe, Rampenzubringern und andere Extremitäten der Skulptur zu vollenden.
3. In den Wasserwelten
Dann war es aus, vorbei. Während die Freiwilligen zusammen mit Ulf, Vera und Desmond noch restliche Details vollendeten, zog ich mit meinem Werkzeug zu den Wasserwelten. Drei Tage blieben noch, um die bis dato roh hingezimmerte Wasserwelten-Plattform mit weiteren skulpturalen Implantaten zum Fest für die Sinne zu machen und ich hatte irgendwie keine Lust mehr darauf. Die Tage vorher hatten irgendwie Kraft gekostet. Ungewohnt in meiner plötzlich aufkommenden Leidenschaftslosigkeit hoffte ich darauf, dass diese drei Tage schnell vorbei sind und der ganze Stress sowieso, noch ein Feierabendbier dann, die Eröffnung, die Reden, die Ruhrtriennaleeröffnungsparty, pennen, einpacken, Rückfahrt, Berlin.
Es wurde aber alles anders.
Es wurde: Ein wahrer Baurausch³!
Und anders als auf dem Plateau vor der Halle entsprang dieser Rausch ganz still und unmerklich der plötzlichen Ruhe, die einen hier in dieser Betonumgebung umgab. Vorher hatten wir öffentlich gebaut. Viele Fragen neugieriger Passanten, tiefgehende Gespräche, 10 Baustellen gleichzeitig, tagelang nicht zur Ruhe kommen, ständig neue Freiwillige, ständiges Wir geben Wissen weiter und planen und bauen gleichzeitig AG. Im Unterschied zu der Arbeit vor der Jahrhunderthalle waren keine Wege auszubauen, keine Intarsien auszumessen, zuzusägen, einzupassen, sondern Sitze zu produzieren für die temporäre Terrasse des frisch eröffneten Jahrhunderthallenrestaurants. „Um es kurz zu machen," dachte ich mir, „rationalisiere ich einfach die Sitzproduktion! Brauchen die Leute vorne auf der Plattform bis zu einem Tag für die Fertigstellung eines Sitzes, mache ich einen Sitz in max. 1h oder noch kürzer". Pragmatismus rules! Zuerst filterte ich die brauchbaren Paletten aus, stapelte je drei übereinander, verschraubte sie und sägte nach Standardmaß aus bereitgestellten Platten die Seitenverkleidungen, Front, Rück, Intarsien. Ich verschraubte sie und schaffte 58 Minuten für den ersten Sitz. Der nächste Sitz benötigte 47 Minuten, der Dritte fünfunddreißig Minuten. Ich hatte sogar Zeit für Spielereien. Dann baute ich einen Musterabschnitt der Geländerintarsien am Plattformgeländer. Da blitzte sie auf, die Baulust! Nun also doch. Weil es freestyle-Bauen ist, kein Intarsiengefrickel mehr. Die Helfer hatten alle 17 Kisten mit Sägeabschnitten und Holzresten auf die Plattform gestellt. Ich konnte aus dem Vollen schöpfen und ohne zu sägen das Wandmosaik anschrauben: Von oben nach unten, von hell zu dunkel, immer dicht an dicht, lückenlos, nur die Palettenspalten frei lassen. Nach und nach kamen immer mehr Helferinnen und Helfer auf die Plattform, ich instruierte sie im Dreierpalettenstapel-Verschrauben und -verkleiden, sie bauten die Prototypen nach und Ulf schraubte neben mir das Wandmosaik weiter. Wunderschön! Monika, Christine und Verena kamen und sie übernahmen das Wandmosaik, ich widmete mich anderen Bauaufgaben, dem Bau stabiler Plattformgeländerstützen, einer Sitzbank an der hinteren Betonwand. Wir waren nun alle versammelt hier unten auf der Holzplattform, die core group, in gleißender Sonne bei stehender Luft im Freiluftatelier und ungestört, fieberhaft am arbeiten. Denn hier unten kam kein Laufpublikum vorbei, keine Touristen. Wir waren unter uns und wir waren schnell! Die Jungs schraubten die Sitze zusammen, verwandelten sie in kleine Skulpturen, die Damen machten Mosaiken, ich die Sitzbank, die Tage vergingen wie im Flug und mir kam die Idee: Auto-Scooter! Einem Dreipalettensitz verpasste ich eine Heckantenne und ein Lenkrad, ich griff mir den Hubwagen, die Ameise, und raste schon mit Desmond auf dem Scooter über die Plattform. Yeaaah! Alle lachten und die Sache war klar. Dann geschah die Ideen-Explosion, die Ideen flossen bei allen nur so raus, und wir bauten die Autoscooter-Boliden freestyle, Baurausch, Ekstase, und wir wurden genial unterstützt vom ADFC Gelsenkirchen, der genau im richtigen Moment mit einer schlagkräftigen Truppe von 15 superfitten Rentnern an den letzten beiden Tagen aufkreuzte und sägte, schraubte, bohrte, gut gelaunt und ausdauernd! Und mir verschaffte dieser Schlussakkord das bleibende Gefühl von Our CenturY, von Bochum, vom Ruhrgebiet, als offenem, aktivem, ebenerdigem Soziokosmos.
4. Nach den Wasserwelten
Eröffnung-Interim-Rückschau
(noch in Bearbeitung)