(c) Ursula Kaufmann / Ruhrtriennale 2018
Fr 31 Aug So 2 Sep
Oratorium / Inszeniertes Konzert

Das Floß der Medusa

Hans Werner Henze, Steven Sloane, Kornél Mundruczó, Márton Ágh
31 Aug
2 Sep

Die Fregatte „Medusa“ sollte 1816 den französischen Gouverneur in die Kolonie Senegal bringen. Ein unerfahrener Kapitän navigierte das Schiff auf eine Sandbank. Rettungsboote gab es für europäische Kaufleute und Offiziere, alle anderen, 150 Matrosen, Soldaten, Arbeiter, wurden auf einem Floß ihrem Schicksal überlassen. 13 Tage später fand man noch 15 Überlebende.

1968 erhielt Hans Werner Henze einen Kompositionsauftrag für diesen Stoff, das Libretto schrieb der Autor Ernst Schnabel. Für Henze waren die auf dem Floß Zurückgelassenen die Entrechteten, Hungernden, Unterdrückten der Dritten Welt: „Opfer der Herzlosigkeit von Egoisten aus der Welt der Reichen und Mächtigen“.

Der Komponist schrieb ein Oratorium mit einem Chor der Lebenden und einem immer größer werdenden Chor der Toten, für einen sehr hohen, der Zeit enthobenen Sopran der Toten, einen komplexen Bariton des Jean Charles, der vergeblich um sein Leben kämpft, und einen rhythmisch eingebundenen Sprecher. Es ist eine Musik, die zwischen aufwühlend aktivierender Klanglichkeit zu sehr fragilen, zarten Passagen führt, in der man die Not, die Anklage hört. „Die dritte Welt wird kommen, und Europa wird ihr die Türen öffnen müssen.“ Henze widmete das Oratorium dem Revolutionär Che Guevara.

Das Floß der Medusa scheint heute prophetisch. Bei der Hamburger Uraufführung kam es zu Tumulten noch bevor der erste Ton erklang. Musikstudent*innen hatten eine rote Fahne und ein Bild von Che Guevara auf der Bühne befestigt. Henze hob die linke Faust und weigerte sich, die Fahne abzunehmen, der RIAS Chor weigerte sich, unter der roten Fahne zu singen; schließlich brach eine Hundertschaft prügelnder Polizisten in den Saal.

Der ungarische Film- und Theaterregisseur Kornél Mundruczó wird für die Spannung zwischen dem nicht mehr zu leugnenden Unrecht Europas, den sichtbaren Katastrophen an den europäischen Außengrenzen und den Emotionen, die der Stoff in der Zeit seiner Uraufführung auslöste, sowie der Zeitlosigkeit der Metapher zusammen mit seiner freien Gruppe, das Proton Theater, einen szenischen und visuellen Rahmen kreieren. Der ausgewiesene Henze-Interpret Steven Sloane wird die Bochumer Symphoniker, ChorWerk Ruhr und die Zürcher Sing-Akademie in der Jahrhunderthalle Bochum dirigieren.

ABENDPROGRAMM

Weitere Informationen

Einführung jeweils 45 Minuten vor Vorstellungsbeginn

Künstler*innengespräch am 01. September im Anschluss an die Vorstellung

Eine Produktion der Ruhrtriennale in Koproduktion mit dem Proton Theater Budapest.

Mit freundlicher Unterstützung durch die Rudolf Augstein Stiftung.

Sprachinformation: Deutsch und italienisch mit deutschen und englischen Übertiteln

Besetzung

Komposition Hans Werner Henze
Musikalische Leitung Steven Sloane
Regie Kornél Mundruczó
Bühne, Kostüm Márton Ágh
Kostüm Melinda Domán
Licht Felice Ross
Text Kata Wéber
Einstudierung Chor Sebastian Breuing
Chor CHORWERK RUHR Zürcher Sing-Akademie Chorakademie am Konzerthaus Dortmund e.V.
Orchester Bochumer Symphoniker
Sopran Marisol Montalvo (La Mort)
Bariton Holger Falk (Jean Charles)
Sprecher Tilo Werner (Charon)
Herstellung Installation und Bühnenbild Proton Theater