in vain / Kraanerg
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14 Sep19:00PremiereKokerei Zollverein, EssenSalzlager
Klangforum Wien, gegründet 1985 von Beat Furrer, gehört zu den besten und erfahrensten Spezialensembles für neue Musik weltweit. Die Ruhrtriennale würdigt dieses international tätige Ensemble aus 24 Musiker*innen durch ein dreiteiliges Konzertporträt unter Leitung von Sylvain Cambreling. Am ersten Tag erklingen in einem Doppelkonzert zwei große, emblematische Werke von jeweils ca. 70 Minuten Dauer.
in vain von Georg Friedrich Haas ist Sylvain Cambreling gewidmet. Das Werk gewinnt aus dem Nebenund Übereinander von normaler temperierter Stimmung und mikrotonalen Intonationen in reiner oberton-basierter Stimmung klanglich ungemein reizvolle, ja seltsame perspektivische Verzerrungen des Hörbildes. Dieser Eindruck verstärkt sich durch sehr langsam verlaufende, ausgedehnte Verwandlungen absteigender Tonfolgen, die ein Trugbild endloser Spiralen erzeugen, oder, wie Haas es ausdrückt, das „Zurückkehren in überwunden geglaubte Situationen“. Das erinnert an die unendlichen Treppenhäuser bei Piranesi oder M. C. Escher. Der englische Titel bedeutet vergeblich: Er lässt sich auf die Vanitas-Symbolik barocker Stillleben beziehen, die auf die Vergänglichkeit des eitlen, letztlich vergeblichen menschlichen Tuns anspielen.
Kraanerg ist mit 75 Minuten das längste Werk von Iannis Xenakis. Der griechische Komponist gehört zu den bedeutendsten Neuerern der Musik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Als Architekt arbeitete er nach dem Krieg viele Jahre mit Le Corbusier in Paris. Seine Kompositionen verzichten auf jegliche expressive Narration. Sie sind aus mathematischen Formeln und Verfahren hergeleitet. Xenakis versetzt verdichtete Klangmassen in Bewegung, die an abstrakte Skulpturen oder Architekturen in zeitlichkinetischer Bewegung erinnern.
Kraanerg wurde ursprünglich für ein Ballett von Roland Petit in einem Bühnenbild des Op-Art-Malers Victor Vasarely geschrieben. Das Stück gliedert sich in zahlreiche Segmente oder Episoden, die durch Generalpausen unterschiedlicher Dauer unterbrochen sind. In der Großform finden sich drei Teile etwa gleicher Länge. Die geballten Orchesterklänge werden durch vierkanalige Tonbandeinspielungen erweitert, verfremdet und verräumlicht. Der Titel Kraanerg, ein aus dem Griechischen abgeleitetes Kunstwort, spielt laut Xenakis auf die rebellischen Jugendbewegungen der späten 1960er Jahre an.
Weitere Informationen
Einführung 45 Minuten vor Vorstellungsbeginn.
Georg Friedrich Haas: in vain für 24 Instrumente (2000) 70′ Iannis Xenakis: Kraanerg Ballettmusik für Orchester und 4-Spur-Tonband (1968–1969) 75′
Das Klangforum Wien spielt mit freundlicher Unterstützung von ERSTE BANK.
Besetzung
Musikalische Leitung | Sylvain Cambreling |
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Orchester | Klangforum Wien |
Klangregie | Peter Böhm |
Komposition | Georg Friedrich Haas Iannis Xenakis |
Technischer Projektleiter RT | Helmut Schandl |
Künstlerische Produktionsleitung RT | Annika Steinkamp |