Peter Jacquemyn zählt zu Belgiens interessantesten Improvisationsmusikern und genießt darüber hinaus internationale Anerkennung. Sein vielseitiges künstlerisches Schaffen umfasst den Bereich der Zeichnung ebenso wie der Bildhauerei und der Musik. Bei der Ruhrtriennale 2015 performt er gemeinsam mit den Musikern Gunda Gottschalk und Carl-Ludwig Hübsch sowie mit der Künstlerin Sigrid Tanghe im August ein Konzert im Maschinenhaus in der Essener Zeche Carl. Wir haben ihm 10 Fragen gestellt...
Ruhrtriennale: “Wie die Orotschen sagen” ist der Titel deines Konzertes bei der Ruhrtriennale 2015. Kannst du uns etwas mehr zum Titel sagen?
Peter Jacquemyn: Die grundlegende Idee für diese Performance geht zurück auf einen Mythos der Orotschen, einem indigenen Volk aus dem Fernen Osten Russlands, über den Anfang der Zeit, den Ursprung der Erde und des Lebens auf der Erde. Fast jeder Satz endet mit: “Wie die Orotschen sagen.” Es wird zum Mantra. Ich mag den Satz.
RT: Deine Partituren sehen wie Zeichnungen aus. Kannst du deinen Arbeitsprozess etwas näher beschreiben – von der ersten Skizze zum fertigen Stück?
PJ: Meine Partituren sind vergleichbar mit einem Moodboard. Ich versuche viele Informationen zu visualisieren: was passieren wird, wie die Musik klingen und welche Gefühle sie auslösen wird. Ich füge Ideen zum Lichtdesign ein, letztendlich auch Text …
Diese Partituren hier sind momentan die letzte Version meiner täglichen Arbeit an den Skizzen. Jeder Tag bringt neue Ideen, die ich zeichne, die wiederum zu neuen Ideen führen. Zeichnen ist ein unverzichtbarer Schritt in der assoziativen Entwicklung des kreativen Prozesses. Um im Fluss zu bleiben, um den Inhalt stärker zu machen, um die narrative Struktur zu organisieren und alles zu präzisieren, ist es für mich absolut unverzichtbar, meine Ideen in einer Zeichnung zu konkretisieren. Ohne das Zeichnen könnte die Idee vielleicht schon zu Anfang ihrer Entwicklung ins Stocken geraten. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass diese Skizzen sehr motivierend auf andere Künstler wirken. Sie sehen ihre Performance bereits in meiner Zeichnung. Im Übrigen liebe ich es zu zeichnen. Es beruhigt mich, gibt mir Energie und macht mich glücklich.