Der Kopf (lat. caput) gibt der Missa Caput den Titel, die der flämische Komponist, Priester und Diplomat Johannes Ockeghem in der Mitte des 15. Jahrhundert komponiert hat. Gemeint ist Kopf der Schlange oder des Drachens, ein Bild für den Satan.
Ockeghems Musik erweckt in ihrer Dichte den Eindruck geheimnisvoller Introvertiertheit. Lange melodische Linien verunklaren den Text und wirken ohne Rhetorik auf den Zuhörer. Klangwellen überschneiden sich, verbinden sich und bringen neue Farbschattierungen hervor. Ockeghems geradezu mystische Musik ermöglicht dem Hörer eine sublime Erfahrung von Bewegung und Zeit.
Der einzigartige Stil von graindelavoix setzt auf exzentrische Stimmqualitäten. Professionelle ›Nicht-Sänger‹ unterschiedlicher Herkunft, klassisch und nicht klassisch geschult, verstecken sich nicht hinter Stimmmasken, sondern setzen ein, was von der Kehle nach oben dringt. Im Gesangsstil des ›Contrapunto alla mente‹ sind die improvisatorischen Verzierungen nicht allein Ausschmückungen, sondern werden selbst zur Linie, zur Welle, zur Falte im Gewebe der Musik.
Das belgische Vokalensemble graindelavoix war im vergangenen Jahr bei Sonnenaufgang in Anne Teresa De Keersmaekers Cesena zu erleben. In der idealen Akustik der Turbinenhalle versenken sich die acht Sängerinnen und Sänger, vom Publikum umgeben, bei der Aufführung der vollständig auswendig gesungenen Missa Caput in den Kern der inneren Dramaturgie, die in den fünf Teilen von Ockeghems Messe verborgen ist.
Anonymus
Sancta Maria
Johannes Ockeghem
Missa Caput,
Venit ad Petrum, Intemerata Dei Mater
Gregorianische Gesänge
Hec est preclarum vas, Dit is een uutvercosen va