RuhrTriennale
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Angela Winkler, Karin Witt, Mira Partecke und Komi Mizrajim Togbonou
(v.l.n.r.)
© David Baltzer / Zenit
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Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in mir Nominierung zum Theatertreffen

Die Jury des Theatertreffens hat am 9. Februar 2009 die Inszenierung Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in mir in der Regie von Christoph Schlingensief nominiert und eröffnet das diesjährige Festival am 1. Mai.

Schlingensiefs Kreation wurde im Rahmen der Ruhrtriennale am 21. September 2008 in der Gebläsehalle des Landschaftsparks Duisburg-Nord uraufgeführt. Für sein Fluxus-Oratorium entwarf er ein Gesamtkunstwerk aus Bildern, Litaneien und Ritualen, die der Furcht nachspüren und mit dem Fremden bekannt machen, das in einem selbst wohnt.

In der Begründung der Jury heißt es: Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in mir ist einerseits eine furios theatralisierte Krankenakte und ein vom zu Betrauernden selbst angerichtetes Requiem zu Lebzeiten. (…) Ein Abend voller Mut zum Kitsch, höchst ergreifend und von einer Unmittelbarkeit, der man im Theater selten begegnet.

Beim Theatertreffen Berlin werden vom 1. bis 18. Mai die zehn bemerkenswertesten deutschsprachigen Inszenierungen der vergangenen Saison gezeigt, darunter sind Produktionen aus Berlin, Hamburg, Köln, München, Wien, Sils-Maria und Zürich.


Weitere Informationen
www.theatertreffen-berlin.de, www.ruhrtriennale.de und
Eine Kirche der Angst (Webseite von Christoph Schlingensief)


Die komplette Begründung der Jury:
Als großer Leidensmann und heiliger Narr hat sich der Künstler Christoph Schlingensief seit jeher selbst inszeniert, konsequent und mitreißend macht er auch seine lebensbedrohliche Krebserkrankung zum Anlass und Thema einer spektakulären Theateraktion. Der Spielraum ist eingerichtet wie eine katholische Kirche, in Weihrauch und Kerzenschein künden schwarze Sängerinnen, Kinder in Messdienergewändern sowie die Schauspielerinnen Angela Winkler und Margit Carstensen von Schlingensiefs Krankwerdung und vorläufiger Genesung. Auf diversen Leinwänden laufen wackelnde Filmbilder aus dem Schlingensief'schen Amateurfilm-Familienschatz und Aufnahmen des Patienten im Krankenhaus, wo er in einem Bett liegt und »Bitte nicht berühren!« schluchzt.

»Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in mir« ist einerseits eine furios theatralisierte Krankenakte und ein vom zu Betrauernden selbst angerichtetes Requiem zu Lebzeiten. Andererseits ist es eine Huldigung an Schlingensiefs Übervater Joseph Beuys und die Künstler des Fluxus, denen das Leben (und Sterben) selber als Kunstwerk galt. Ein Abend voller Mut zum Kitsch, höchst ergreifend und von einer Unmittelbarkeit, der man im Theater selten begegnet; eine Demonstration von Poesie, Trauer und Wärme, der all jene überraschen wird, die Schlingensief bloß immer als Zyniker, als Provokateur und als Clown missverstehen wollen.