RuhrTriennale
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Saison 2008 Aus der Fremde*

Der Moment, in dem der Mensch sich selbst und den Anderen fremd wurde, hat Schriftsteller und Philosophen seit Anbeginn beschäftigt. Die Unschuld der Menschen endet auf dramatische Weise mit dem Mord Kains an seinem Bruder Abel, die Entfremdung der Menschen weltweit verknüpft das 1. Buch Mose im 11. Kapitel mit der Errichtung des Turms zu Babel. Die göttliche Antwort auf die menschliche Hybris, einen Turm bis hin zum Himmel zu errichten, fällt drakonisch aus.

Vnd der HERR sprach / Sihe / Es ist einerley Volck
vnd einerley Sprach vnter jnen allen / vnd haben das
angefangen zu thun / sie werden nicht ablassen von
allem das sie furgenomen haben zu thun. Wolauff /
lasst vns ernider faren / vnd jre Sprache da selbs
verwirren / das keiner des andern sprache verneme.
Also zerstrewet sie der HERR von dannen in alle
Lender / das sie musten auffhören die Stad zu
bawen / Da her heisst jr name Babel / das der
HERR daselbs verwirret hatte aller Lender sprache /
vnd sie zerstrewet von dannen in alle Lender.
Lutherbibel 1545

Sprache führt zusammen, Sprache trennt, Sprache schafft Realität. Zwischen individueller und gesellschaftlicher Entfremdung oszillieren die Fragestellungen, mit denen sich die Autoren, Musiker und Regisseure in dieser Saison der RuhrTriennale auseinandersetzen.
Ob in der sprachlichen Distanz Fluch oder Chance liegt, ob das göttliche Verdikt zu Chaos oder Kreativität führt – den größten Beitrag zur Verständigung zwischen Menschen und Kulturen leistet immer die Kunst. Mit dem zärtlichen, unbestechlichen und Erkenntnis stiftenden Blick AUS DER FREMDE.






* Dieses Motto haben wir uns bei dem unvergessenen österreichischen
Sprachkünstler Ernst Jandl (1925-2000) geborgt.