RuhrTriennale
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Adé Bantu

The Sound of Fufu! – so beschreibt der afro-europäische Musiker Adé Bantu treffend, seinen Mix aus pumpenden Beats und funkiger Instrumentierung garniert mit Lyrics, die eine politische Message partytauglich machen. So wie Fufu (die beliebten westafrikanischen Kassava-Klöße) ihren Reiz erst als Basis zu verschiedensten Speisen und Soßen entfalten, so zeigt sich der Bantu-Vibe in all seinen bunten Facetten: eine wirklich afropäische Melange aus, Afrobeat, Hiphop und Funk, die Hüften und Hirn gleichermaßen inspiriert. Adé Bantu hat schon 2001 mit seinem Brothers Keepers Projekt musikalische und gesellschaftliche Wellen geschlagen. Auf seine Initiative kamen afrodeutsche Hip Hop- und Soul-Künstler für ein kompromissloses Statement gegen Rassismus in Deutschland zusammen.

Nach der Veröffentlichung seines Debütalbums Bantu – auf dem unter anderem die senegalesichen HipHop-Veteranen P.B.S., als auch die jamaikanischen Riddim-Großmeister Sly and Dunbar, Adé's musikalische Vision unterstützten - gönnte sich das rastlose Multitalent jedoch keine Pause: In einer innovativen Kollaboration mit dem Großmeister des nigerianischen Fuji-Sounds Adewale Ayuba entstand noch im selben Jahr das bahnbrechende Album Fuji satisfaction, auf dem sich Fuji und Funk, Dancehall und Afrobeat zu einem elektrisierenden neuen Sound verbinden. Kologbo Oghene, Gitarrist des legendären Fela Kuti Band Afrika 70, bereicherte das Album durch seine einmalige Virtuosität. Bantu wurde 2005 mit dem Kora Award (das Pan-Afrikanische Pendant zum Grammy) als »Beste Gruppe Afrikas« und »Beste Gruppe West Afrikas« ausgezeichnet.

2005 versammelte Adé Bantu die KünstlerInnen des Brothers Keepers Projektes für einen zweiten musikalischen Rundumschlag. Um viele türkische, italienische, schwedische und deutsche KünstlerInnen erweitert, gehen Brothers Keepers auf ihrem zweiten Album Am I my Brothers Keeper? über den Debüterfolg hinaus und wenden sich mit wachrüttelnden Statements, biographischen Einblicken, ebenso wie mit kritischer Ironie an die deutsche Gesellschaft. Dies ist jedoch nur ein weiterer Höhepunkt in Adé Bantus langjähriger Arbeit als Musiker und Aktivist:

Musical Activist
Seit den Anfängen des Hip Hop in Deutschland war er in Gruppen, wie Weep Not Child Teil der gerade aufblühenden Bewegung. Mit Musikprojekten, Musicals und Rap-Workshops gab er Jugendlichen die Chance, eine kreative Stimme zu finden, um ihre Realitäten und Ambitionen zu beschreiben.
Musik als kreatives Medium, Rap als Sprachrohr einer Generation und kreative Gruppendynamik, verband Adé in mehreren HipHop-Musicals. 1998 erhielt er für sein zweites HipHop-Musical Coloured Children?! den Jugendkulturpreis des Landes NRW. Sein inzwischen viertes Rapmusical-Projekt Hiphop im Sektor führte er 2004 mit der Justizvollzugsanstalt (JVA) Köln durch.
Neben den Musikprojekten war Adé auch in anderen Medien präsent, so von 1997 bis 2000 als Moderator der Sendung Good Morning Africa dem English Service der Deutschen Welle.

Nach der Gründung der MusikerInneninitiative Brothers Keepers im Jahr 2000 nutzte Adé den durchschlagenden Erfolg, der aufrüttelnden Hitsingle Adriano (2001 mit der »EinsLive Krone« als beste Single ausgezeichnet), um gemeinsam mit anderen Brothers Keepers auf Schultouren durch den Osten Deutschlands direkt mit Jugendlichen ins Gespräch zu kommen und Zeichen gegen rechte Alltagskultur zu setzen und den aktiven Widerstand zu unterstützen.
Die musikalischen Aktivitäten beschränkten sich nicht auf Europa: Bantu veröffentlichte mehrere Singles in Nigeria und forderte damit nigerianische Jugendliche auf, mit neuem Stolz auf ihre kulturelle Identität den Herausforderungen der »afrikanischen Renaissance« zu begegnen.

2002 stand die Single No More No Vernacular acht Wochen lang(!) an der Spitze der Radio-Charts in Nigeria. Ihr vorausgegangen war 2000 ein Kassetten-Release in Albumlänge für den westafrikanischen Markt, 2002 die rootsige Maxi-Single African Border (feat. Patrice)und 2003 die Hitsingle Rudie mit Gentleman und UB40.
Im Frühjahr 2005 folgte ein Aufenthalt in Ghana, bei dem durch Fernsehauftritte sowie Konzerte in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut transkulturelle Verbindungen geknüpft wurden.
Diese anhaltende, im Wortsinne afropäische musikalische Aktivität und Kreativität, haben zu einer Zusammenarbeit mit der BBC geführt: Adé Bantu wurde als Dozent für Songwriting und Produktion im Rahmen einer Serie von Workshops für aufstrebende Künstler & Produzenten unter dem Motto »Africa Connection« eingeladen, wobei der Song Caution(Beware) entstanden ist. Es wurde auf BBC Radio 3, Radio 1 und 1 Xtra ausgestrahlt.
Einen filmischen Eindruck in Adé’s Aktivitäten über Kontinente, musikalische, politische und gesellschaftliche Grenzen hinweg, gibt die Dokumentation Fremd im eigenen Land (Wüste Film) (u.a. mit Xavier Naidoo und D-Flame), die im Herbst 2006 einem interessierten Kinopublikum präsentiert werden soll.

Global Afropean

Lumumba, Nkrumah, Sankara, Saro Wiwa, Fela – in Adés Texten werden große Panafrikanisten aufgeführt, die deutlich machen, auf wessen Schultern die musikalische und politische Vision des Künstlers und seiner Mitstreiter steht.
A unified Africa with open doors, das (neo-)koloniale Fesseln abschüttelt im Tanz zu wirklich globaler Blackmusic – ganz im Sinne des jamaikanischen »Grandfather of Panafricanism« Marcus Garveys: »By those at home and those abroad«.
Diese Zukunftsvision hält Bantu jedoch nicht davon ab, die Probleme der Gegenwart anzusprechen – sei es in Europa oder Afrika: Korruption in Nigeria wird ebenso kritisiert wie gesellschaftlicher und institutioneller Rassismus in Deutschland. Homophobie in Reggaelyrics wird ebenso attackiert wie westliche Paranoia, die eben diese Vorwürfe zur Zensur von Reggaekünstlern nutzt.
Doch die Texte gehen über bloße Kritik hinaus. Sie fordern Veränderung und Einsatz: »Mit Kritik allein ist es nicht getan« erläutert Adé, »es bringt nichts auf das große Wunder zu warten, man muss es erschaffen! Ich fordere kreativen Widerstand, von all denen, die sich mit den bestehenden Verhältnissen nicht arrangieren wollen!«

Musikalisch nutzt Adé die Impulse der globalen Musiktrends Europas und Amerikas und verbindet sie mit dem Mutterland moderner Musik: Afrika. Die Songs erkunden neue Sound-Landschaften, indem sie Einflüsse aus Afrika und der Diaspora zusammenbringen: Yoruba und Patois, Talking Drum und MPC verschmelzen zu einer Einheit, zum Soundtrack einer black experience, die verschiedenste Stile organisch verbindet und vereint. So sind Adé Bantus Biografie und Diskografie Ausdruck einer einzigartigen Reise, zwischen Kontinenten und Musikstilen, auf deren nächste Station man gespannt sein dürfte.

Bei der RuhrTriennale 2008 ist Adé Bantu zu Gast bei Spurensuche ... Rap.