RuhrTriennale
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Bektas

Alis im Wunderland – Bektas
Aufgewachsen in Berlin zwischen Alk und Sex, Gewalt und Macks und all dem Dreck hat Bektas zu einer Sprache gefunden, die mit geballter Faust und großem Herz den Puls der Straße mitstenographiert. Man könnte von Reality-Rap sprechen – aber das trifft die Sache nicht ganz. Bektas schafft mit seinen Sprachbildern einen mystischen Realismus, der den Hörer in eine Spannung zwischen Hoffnung und Wut versetzt. Und dann gibt es da noch die ganz großen Momente, wo ein Gefühl plötzlich aus dieser Spannung herauspurzelt und für sich alleine steht, z.B. wenn er seiner Familie sagt: »Ich danke euch, solang das Band noch läuft, für die Liebe und das ganze Zeug, ich danke euch oder was wir seit der Wiege lernten, man muss Liebe säen, will man Liebe ernten.« Es tut gut, hin und wieder an solche Menschheitsweisheiten erinnert zu werden.

Tief graben mit Worten
Eigentlich begann alles schon Mitte der Achtzigerjahre, in Berlin, mit Breakdance und Graffiti. Anfang der Neunziger fing Bektas an zu rappen. Zuerst auf Englisch, dann auf Deutsch und auf Türkisch. Die magische Qualität der Sprache, die Möglichkeiten des freien, beschwörenden Wortes haben ihn schon früh fasziniert: Rap als mystische Formel, die an der Oberfläche die Wirklichkeit abbildet und darunter stetig nach Sinn gräbt. Bektas’ Texte klingen lange nach, denn sie sind durchdacht und sorgfältig strukturiert. Jede Strophe entspricht einer neuen Erkenntnisebene, keine beliebige Assoziation, kein überflüssiges Wort.

Politisch und poetisch
Bei aller Sinnsuche vergisst Bektas nicht, wo er herkommt und wie es aussieht draußen in den Straßen und auf den Gesichtern der Menschen: »Du kannst Geschichten des Lebens in den Gesichtern lesen, unsre Gesichter sprechen Bände sie können mit erzählen.« Er kennt und erzählt die Geschichte seiner Eltern, die als so genannte Gastarbeiter nach Deutschland kamen: »Vierzig Jahre Scheißjobs und keiner, der die Zeit stoppt, Zeiten vergehen, aber die Erinnerung bleibt doch.« Mit biografischen Rückblenden und Geschichten über seine Familie wird Bektas zu einem wichtigen Chronisten, der die Geschichte der ersten Migrantengeneration erzählt. Damit bringt er Rap dorthin zurück, wo er angefangen hat: an die Seite jener, die ohne Stimme im sozialen Abseits verharren.

Neben seiner Single Was Lousn, seinem unveröffentlichten Album Alis im Wunderland und unzähligen Features mit nationalen und internationalen Künstlern, wie z.B. Peter Maffay, Mystikal und RZA, hat Bektas gemeinsam mit Sirtlan das Erfolgsalbum Satirlarimiza Baslamadan in der Türkei veröffentlicht und arbeitet momentan an einem deutschsprachigen Solo-Album.

Bei der RuhrTriennale 2008 ist Bektas zu Gast bei Spurensuche ... Rap.