RuhrTriennale
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Theaterakademie für Kinder

Als die Theaterakademie für Kinder 2005 gegründet wurde, ahnte niemand, wieviel Resonanz und Begeisterung diese Schule der Sinne und Fantasie auslösen würde. Man muss die Künstler-Professoren der 1. Akademieklasse nur einmal aus der Nähe erlebt haben, man muss nur einmal beobachtet haben, wie sie ihre Passionen auf die Kinder übertragen. Die Rede ist von jener hochwirksamen Ausnahme-
Pädagogik, die sich vor einer Klasse oder einer Gruppe Studenten als Lust mitteilt, sich einer Sache mit Hingabe, mit Haut und Haar zu verschreiben.

Nach der abgeschlossenen Grundlagenforschung drehen sich in diesem Semester die Vorlesungen um Paare und Konstellationen. Der Dialog ist im Theater die Keimzelle künstlerischer Prozesse. Was wäre ein Dirigent ohne sein Orchester, der Choreograf ohne seine Tänzer oder die Puppe ohne ihren Puppenspieler?

Die Theaterakademie findet unter der Schirmherrschaft des Präsidenten des Deutschen Bundestages, Herrn Dr. Norbert Lammert, statt.

Vorlesungsverzeichnis

Solo & Seele

20. August: 11:00 Uhr
Komm, Kosmonaut, tanz mit mir!

Die Eröffnungsvorlesung hält die Berliner Choreografin Sasha Waltz. Sie ist Schirmherrin des Projekts TanzZeit – Zeit für Tanz in den Schulen. In ihren Tanzstücken sucht sie den Dialog mit anderen Künsten, mit Architektur, Musik und bildender Kunst. Dabei behält sie stets mit scharfem Blick die Realität im Auge. Aber, und das ist Teil ihres Stils, sie lässt sich nichts davon anmerken. Es ist, als hätte die Mühelosigkeit, die sie umgibt, die Ernsthaftigkeit einfach geschluckt.

Tanz – Sasha Waltz

Traum und Maschine

27. August: 11:00 Uhr
Wenn die Wipfel unseres Himmels

sich zusammenfinden / Dann hat mein Haus ein Dach ...

So beginnt ein Gedicht des französischen Dichters Paul Eluard. Unter dem Dach des Maschinenhauses tut sich heute der Himmel auf! Ist es Wahrheit oder Traum? Ist es Heinrichs Hölle, Gretchens Kammer oder die Hütte, in der der Pudel wohnt? Eine ungewöhnliche Ortsbesichtigung.

Raum – Katrin Nottrodt

Tücke & Objekt

3. September: 11:00 Uhr
Der Pakt mit den Dingen

Ein Telefon auf der Bühne ist nicht nur einfach ein Telefon. Es wirft viele Fragen auf: Gefällt es dem Schauspieler, der das Telefon abnimmt? Passt es zu seiner Rolle? Passt es in die Zeit?
Die Aufgabe eines Requisiteurs besteht nicht darin, einen Raum mit Alltagsgegenständen zu füllen, sondern die Dinge zum Sprechen zu bringen. Ein im Supermarkt sorgfältig ausgesuchtes oder auf dem Flohmarkt gut gefundenes Ding beginnt auf der Bühne, plötzlich ein ganz eigenes Leben zu führen.
Insofern könnte man auch sagen, ein Requisiteur ist ein Objekt-Regisseur. Er inszeniert das Leben der gefüllten Gläser, heimlichen Liebesbriefe, fotografierenden Mobiltelefone und falschen Räuberpistolen.

Requisite – Angelika König

Oper & Orchester

10. September: 11:00 Uhr
Ich höre was, was Du nicht siehst

Das deutsche Opernpublikum ist jung und trotzdem hoch gebildet! Das haben wir nicht zuletzt dem Dirigenten, Musik-Erklärer und Jugenderziehungs-Guru Gerd Albrecht zu verdanken. In der Theaterakademie zeigt er Filmszenen, die im Orchestergraben spielen. Das ist der Raum zwischen 1. Reihe und Bühne, dort wo nur Dirigenten, Musiker und Mäuse Zutritt haben. Zu erfahren ist auch, warum man das Barock auch gern das Generalbass-Zeitalter nennt.

Dirigent – Gerd Albrecht

Sturm & Kampf

17. September: 11:00 Uhr
Ihr seid Helden

Figaros Hochzeit, Der Fliegende Holländer, Shakespeares Sturm – tanzen, fliegen, stürmen auf der Bühne will gekonnt sein. Großes Welttheater beginnt auf leisen Sohlen. Wir zetteln eine abenteuerliche Heldenreise an. Vielleicht trefft ihr auf ein paar Feinde! Unvorhergesehene Ereignisse und Kämpfe sind nicht ganz ausgeschlossen. Begegnungen barfuß, ein verborgenes Geheimnis und Dunkelheit bei helllichtem Tag inklusive! Und: Abheben unbedingt erlaubt!

Kampf – Heinz Wanitschenk

Diva & Drossel

24. September: 11:00 Uhr
Kehlkopf mit Charakter

Ob Mozart oder Madonna - sie kennt keine Berührungsängste. In der Theaterakademie singt sie ein Lied des Amerikaners George Crumb, eines der faszinierendsten Komponisten unserer Zeit. Darin gibt eine Drossel den Ton an. Wie sich das anhört aus dem Munde einer Sängerin, die an anderen Tagen zwischen New York und Salzburg als Papagena oder als Lulu umjubelt wird – das solltet ihr nicht verpassen.

Stimme – Christine Schäfer

puppet & player

1. Oktober: 11:00 Uhr
Klappe auf, Decke zu

Habt Ihr Euch eigentlich mal gefragt, wie das Leben in einer Puppenkiste so spielt, wenn der Deckel zuklappt? Miss Piggy, der dänische Koch, Bernd das Brot, Hase Cäsar, all die Muppets, Puppets, Fraggles – was machen die eigentlich, wenn die Show vorbei ist und das Licht ausgeht? Ist euch schon aufgefallen, dass Puppenspieler Muskeln haben wie Superman? Warum sind sie eigentlich am Ende der Vorstellung schweißgebadet? Wie funktioniert eine Klappmaulpuppe? Und wer schreibt den Puppen ihre Gags und Geschichten?

Figurentheater – Neville Tranter

Die Künstlerprofessoren

Gerd Albrecht
wurde mit 27 Jahren damals jüngster deutscher Generalmusikdirektor
in Lübeck. Es folgten Chefposten in Berlin, Zürich, Hamburg und Prag.
Er engagiert sich für zeitgenössische Musik.

Angelika König
hatte bei Aufführungen von Luc Bondy, Peter Stein, Andrea Breth und Robert Wilson ihre Finger im Spiel. Sie ist als Requisiteurin am Berliner Ensemble engagiert.

Katrin Nottrodt
entwirft das Bühnenbild zu Heinrich und Margarete. Dafür hebt sie das Maschinenhaus aus den Angeln. Sie lebt in Bayern und hat gerade die Alpen in ein Stockholmer Theater gebaut.

Christine Schäfer
Als Opern- und Liedsängerin machte sie Weltkarriere. 2002 war sie bei der RuhrTriennale in der Winterreise zu erleben.

Neville Tranter
gründete 1976 in Australien das Stuffed Puppet Theatre. Inzwischen lebt und arbeitet er in der Nähe von Amsterdam. Der King of Puppetry gastiert in diesem Jahr mit Vampyr auf der Fidena.

Sasha Waltz
Berühmt wurde sie mit dem Tanztheater-Stück Allee der Kosmonauten.
In ihren Choreografien spielen häufig Lebensräume eine tragende Rolle: eine Straße, ein Museum, ein Zufluchtsort nach einer Katastrophe.

Heinz Wanitschek
hat für Peter Brook, Peter Stein und Dieter Dorn Kampf- und Tanzszenen choreografiert. Seit 1994 ist er Dozent an der Otto-Falckenberg-Schule München für Kampftraining und Körperbildung.


Interessierte Kinder zwischen acht und zwölf Jahren bewerben sich mit dem Bewerbungsformular und einem TheaterStück: JungeTriennale, Leithestraße 35, 45886 Gelsenkirchen.
Die Studienplätze sind begrenzt. Die Studenten der 1. Theaterakademie 2005 erhalten einen garantierten Studienplatz. Die Studiengebühr beträgt pro Kind und Semester 20 €. Geschwister zahlen eine ermäßigte Gebühr von je 10 €. Regelmäßiger Besuch der Vorlesungen ist erwünscht.

NRW Ticket verleiht erstmals den Kulturpreis

Die Theaterakademie für Kinder der RuhrTriennale erhält den Sonderpreis für die »Erschließung junger Publikumsschichten«.

Die Theaterakademie für Kinder, 2005 von Intendant Jürgen Flimm ins Leben gerufen, war der Jury des Kulturpreises NRW Ticket eine besondere Auszeichnung wert. Die Jury lobte insbesondere das innovative Konzept der Theaterakademie, zu dem auch ein Patenschaftsmodell gehört, mit dem einzelnen Kindern durch Stipendien die kostenlose Teilnahme ermöglicht werden kann. In den Vorlesungen renommierter Künstler-Professoren wie Peter Turrini, Karl-Ernst Herrmann oder Sunnyi Melles werden die Kinder mit den Grundlagen des Theaters vertraut gemacht. Die Theaterakademie bietet jungen Menschen zwischen acht und zwölf Jahren eine einmalige Möglichkeit, hinter die Kulissen des Theaters zu blicken und seine Geheimnisse zu entdecken.

In festlichem Rahmen mit hundert geladenen Gästen aus Kultur, Politik, Medien und Wirtschaft fand am 6. Juni im Zeughaus Neuss die Preisverleihung in Anwesenheit des Kulturstaatssekretärs und Schirmherren Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff statt. Die Jury bildeten: Bettina Böttinger (Encanto GmbH, TV-Produzentin u. Journalistin), Dr. Eva Küllmer (Kulturredakteurin), Dr. Fritz Behrens (Vorsitzender des Kulturausschusses im Landtag NRW), Christian Boros (Boros GmbH), Thomas Baerens (Staatskanzlei des Landes NRW) und Harald Müller (Vorstandsvorsitzender des Nordrhein-Westfalen Kulturförderung e.V.).

Den Kulturpreis 2005/2006 erhielt das Schlosstheater Moers für »Kunststücke Demenz«, ein weiterer Sonderpreis ging an das Gürzenich-Orchester in Köln.

Wir gratulieren herzlich!